Am 19. August 2011 nahm ein Mann in Schleswig-Holstein den Kampf gegen den Giganten auf. Sein Name: Dr. Thilo Weichert. Seine Funktion: Landesbeauftragter für den Datenschutz Schleswig-Holstein. Sein Gegner: Facebook.
Weichert nahm den Kampf gegen die Reichweitenanalyse des sozialen Netzwerkes und deren Social Plugins und den "Gefällt mir"-Button auf externen Webseiten auf. Denn diese verstoßen nach Analyse des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) gegen deutsches Datenschutzrecht.
Nach Ansicht von Facebook wird hingegen nicht gegen existierende Vorschriften verstoßen. Zwar könnten bei der Verwendung des "Gefällt mir"-Buttons auf fremden Websites technische Informationen, wie die IP-Adresse des Nutzers an Facebook weitergeleitet werden. Dies kontert der Netzwerkbetreiber : "Wir löschen diese technischen Daten innerhalb von 90 Tagen."
Nun hat das ULD recht weitgreifende Maßnahmen für Schleswig-Holstein angekündigt. Es fordert "umgehend die Datenweitergaben über ihre Nutzenden an Facebook in den USA einstellen, indem sie die entsprechenden Dienste deaktivieren." Ab Oktober sollen dann Beanstandungen und Bußgeldverfahren eingeleitet werden. Auch wenn Facebook Adressat Nummer eins ist, richtet sich das Datenschutzzentrum direkt an alle Seitenbetreiber. Diese wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.
Daraufhin haben bereits erste Kommunen in Niedersachsen ihre Facebook-Fanseiten geschlossen. Der Social-Media-Analyse-Plattform Pluragraph.de sind bereits die Löschung beim Landkreis Friesland, bei der Stadt Stadthagen und bei der Stadt Wedemark aufgefallen.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung sieht erst mal keinen direkten Handlungsbedarf. "Wir wollen diese Bürgerbeteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen weiter ausbauen. Daher setzen wir auch auf soziale Netzwerke wie Facebook", so der Chef der Staatskanzlei Dr. Arne Wullf.
Kleine Anfrage Robert Bläsing (FDP) |
Zeit, dass sich also auch einmal die Hamburgische Bürgerschaft mit dem Thema beschäftigt. Robert Bläsing, haushaltspolitischer Sprecher der FDP stellte am 26.08.2011 hierzu eine "Kleine Anfrage" unter dem Titel
"Facebook-Reichweitenanalyse aufseiten der Freien und Hansestadt Hamburg auf hamburg.de" (.pdf; Drucksache 20/1366)
Heute erhielt er Antwort vom Hamburger Senat. Zusammengefasst lautet diese:
Bisher hat sich die Landesregierung noch keine endgültige Meinung zum Löschen des "Gefällt mir"-Buttons auf hamburg.de gebildet. Die Diskussion mit dem ULD, Facebook und den anderen Datenschutzbeauftragten läuft noch. Da die Landesregierung allerdings eine Vorbildfunktion besitzt, wurde vom Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Prof. Dr. Caspar angeregt die "Gefällt mir"-Buttons von allen Behörden-Seiten zu entfernen.
Bis zum 30. September wird nun allerdings ersteinmal die sogenannte "Zwei-Klick-Lösung" auf den Behördenseiten umgesetzt. Dies bedeutet, dass der Nutzer nun beim Klick auf den "Gefällt mir"-Button explizit auf die Datenweitergabe an Facebook hingewiesen wird und diese dann vor der Versendung noch abbrechen kann.
Dieses Verfahren wurde in den vergangenen Tagen u.a. von heise.de als Lösung propagiert. Bisher haben bereits die Rheinische Post, der SWR und auch die Deutsche Kinderhilfe dieses Verfahren umgesetzt.
Nur leider hat Hamburg damit wiederum nicht die Rechnung mit Dr. Thilo Weichert gemacht. Der äußerte bei der heutigen Anhörung des Facebook-Lobbyisten Richard Allan im Innenausschuss des schleswig-holsteinischen Landtages, dass diese "Zwei-Klick-Lösung" "derzeit noch nicht ausreichend sei".
Zudem stellt sich die Frage, was passiert mit allen anderen Unterseiten von hamburg.de, die nicht von den Behörden, sondern von der privatwirtschaftlich organisierten hamburg.de GmbH & Co. KG direkt betreut werden? Hierbei handelt es sich um ein Joint-Venture der Axel Springer AG, der Haspa, der Stadt Hamburg und u.a. der HSH Nordbank.
Interessant hierzu: Im Frühjahr 2010 wurden, genau wegen der heute wieder diskutierten Datenschutzregelungen, alle Facebook-"Like"-Buttons und alle Twitter-Buttons von hamburg.de entfernt. Warum sind Sie nun wieder online?
Auf jeden Fall müssen die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft keine Angst vor einem Bußgeld von 50.000 EUR haben, wenn sie weiterhin den "Gefällt mir"-Button auf ihren Webseiten integrieren, denn so Weichert: "Abmahnungen werden zunächst an Seitenbetreiber mit hohem Webtraffic gesendet, Abgeordnetenseiten gehören in der Regel nicht dazu" ;)
Nachtrag 21. September 2011: Nach Rücksprache mit der Hamburger Senatskanzlei hat hamburg.de ab heute die "Zwei-Klick-Lösung" für den "Gefällt mir"-Button auf www.hamburg.de eingeführt. Vorerst!
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