Donnerstag, 28. Februar 2013

Social Media im politischen Alltag


Logo der Social Media Week Hamburg 2013Vergangene Woche fand in Hamburg zum zweiten Mal die Social Media Week statt. An fünf Tagen gab es über 170 Veranstaltungen an den verschiedensten Orten der Hansestadt. Einer der Hauptveranstaltungsorte war das Kultwerk West. Am Donnerstag, den 21.02. durfte auch ich mit einer Veranstaltung dort zu Gast sein.
Vielen dank an dieser Stelle an das tolle Team der Social Media Week und insbesondere den großartigen John Heaven für die Unterstützung. 

Unter dem Thema "Social Media im politischen Alltag - Wie nutzen Hamburger Politiker Facebook, Twitter und Co für ihre politische Arbeit und was bringt das eigentlich? diskutierte ich mit den Bürgerschaftsabgeordneten Katharina Fegebank (Grüne), Annkathrin Kammeyer (SPD), Christiane Schneider (Die LINKE.), Robert Bläsing (FDP) und Dennis Gladiator (CDU) anderthalb Stunden lang über die Nutzung der sozialen Netzwerke.

Das Video zur Veranstaltung gibt es hier:


 

Für alle die sich das Video nicht komplett anschauen wollen, habe ich einmal versucht die Diskussion zusammenzufassen, voila:

Warum nutzten die Politiker die Netzwerke?



Christiane Schneider: Jugendliche hatten sich am Rande einer Veranstaltung bei ihr beschwert, dass man so schlecht mit Politikern in Kontakt und in die Diskussion kommt und deshalb richtete sie sich im November 2011 einen Twitter-Account ein. Dies tat sie ohne Unterstützung und machte auch gleich einen ersten Fehler, in dem sie einen Tweet von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz favorisierte. ;)

Katharina Fegebank erhielt 2009 im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes leichten Druck von Parteikollegen, richtete sich daraufhin ihren Twitter-Account ein, dem heute schon über 1400 Follower folgen. Ab und an braucht sie auch heute manchmal noch Unterstützung beim twittern.

Screenshot Facebook-Fanseite Robert Bläsing (FDP)
Facebook-Fanseite Robert Bläsing (FDP)
Robert Bläsing: möchte mit den sozialen Medien seinem Mitteilungsbedürfnis nachkommen, das Politiker mitbringen. Zudem geht es ihm auch besser wenn man manchmal einfach einen Tweet raushauen kann. Seit 2009 ist er beim Microbloggingdienst dabei
Er schätzt dabei die "digitalen Zwischenrufe" während der Sitzung und die Kommunikation untereinander während der Plenarsitzungen, weil diese eine ganz eigene Dynamik freisetzt. Social Media bereichert die Politik.

Annkathrin Kammeyer: ist beeindruckt wie viele Leute man mit Social Media erreicht. Auch sie nutzt Twitter während der Sitzung um manchmal "Druck rauszulassen". 
Sie ist zudem der Meinung, dass dadurch die Öffentlichkeit mitbekommt was man tut, denn niemand liest sich das (erst lange nach der Sitzung veröffentlichte) Protokoll durch. So bekommen die Follower direkt mit, was man so tut und welche Meinung man zu bestimmten Themen hat. 
 
Dennis Gladiator ist am längsten von allen fünf bei Twitter angemeldet, seit Februar 2009 twittert er und schätzt Twitter als tolle Informationsquelle. Insbesondere gilt dies dür die Arbeit der Ausschüsse die wenig Öffentlichkeit bekommt. So bekommt er als Abgeordneter auch mit, welche Entscheidungen gefallen sind, obwohl man nicht live dabei war.


Welche Netzwerke nutzten die Politiker und wie? Wie hat sich die Nutzung verändert?  

(Themenkomplex startet im Video hier)


Twitter-Account Christiane Schneider (Die LINKE.)
Twitter-Account Christiane Schneider (Die LINKE.)
Christiane Schneider: nutzt Facebook eher ungern, hat aber auch ein privates Profil. Twitter nutzt sie lieber und richtig gerne. Es kommt zu wirklicher Kommunikation unter anderem weil sie auch vielen Piraten folgt. Gerade fachpolitischen Twitteraccounts folgt sie, weil sie viel erfährt. Am Anfang hat sie das Zeitung lesen dabei vernachlässigt, dies hat sich aber wieder ein wenig verändert.

Dennis Gladiator: nutzt Facebook, Twitter und YouTube für die Reden. Das faszinierendete für ihn ist, dass man Feedback von Leuten bekommt, mit denen man nicht befreundet ist und denen man nicht einmal folgt. Man bekommt einen sehr guten Eindruck, was die Menschen außerhalb des politischen Systems interessiert. Man bekommt zudem relativ viel Rückmeldung, die nicht öffentlich erfolgt z.B. über Direktnachrichten oder Emails als Reaktion auf Tweets und Postings.
Größter Wert von Facebook und Twitter sieht er darin, dass man mit Leuten in Kontakt kommt, die man ansonsten nicht erreicht hätte, die nie im Büro angerufen hätten oder ihn am Infostand angesprochen hätten. Niedrigschwelliger Zugang ist für die tägliche Arbeit Gold wert.

Annkathrin Kammeyer: betreibt ein privates Facebook-Profil, eine politische Fanseite auf Facebook und einen Twitter-Account. Der Account wird sowohl privat als auch politisch genutzt. Twitter macht auch richtig Spaß. Bei Twitter erreicht sie andere Leute als bei Facebook. Dort sind eher Fans aus dem privaten Umfeld.

Katharina Fegebank: nutzt sowohl XING, ein Facebook Privatprofil und Twitter. Dabei hat sie Facebook und Twitter miteinander verlinkt. Genießt aber neben diesen Kanälen sehr den persönlichen Austausch, die direkte Diskussion und Kontroverse in Angesicht zu Angesicht. Inhalte sind sowohl privat, wie auch politisch. Das Feedback bei den privaten Postings ist meistens sogar stärker als bei den politischen.

Robert Bläsing: nutzt ebenfalls XING, YouTube, Fanseite, prívates Facebookprofil und Twitter. Die letzten beiden sind miteinander connected. Er ist weniger aktiv bei Facebook. Twitter ist sein Medium. Man muss aufpassen bei Postings. Als Beispiel erzählt er eine Anekdote von einem Foto nach einer  Nasenscheidewand-OP. Medien schauen schon sehr genau, was man postet. Kommentare und kleine Gehässigkeiten auch gegen den politischen Gegener sind aber erlaubt, so lange diese nicht ehrabschneidend sind.


Gegnerbeobachtung/Monitoring 

(Themenkomplex startet im Video hier


Robert Bläsing nutzt Twitter um zu schauen wie die politischen Mitbewerber agieren. Er drückt auch auf Fanseiten anderer Parteien "Gefällt mir" um zu sehen was so bei den anderen abläuft. 

Annkathrin Kammeyer folgt auch der Jungen Union, weil sie dann auch einhaken kann, wenn etwas kommt, was sie interessiert. Sie folgt aber auch nicht allen Kollegen aus der eigenen Fraktion.

Twitter-Account Dennis Gladiator (CDU)
Twitter-Account Dennis Gladiator (CDU)
Dennis Gladiator findet Social Media als Informationsquelle über die Parteigrenzen hinweg ideal. Er folgt thematisch passendenen Kollegen anderer Parteien, weil er diese Tweets interessant findet und um zu sehen wie die sich positionieren. Und das bezieht sich nicht nur auf Hamburg, sondern auch im Bund und Europa. Das "followen" hat zudem den Vorteil, dass er viele Informationen schneller hat, als wenn er zum Beispiel auf einen Artikel bei Spiegel Online warten müsste.

 

Social Media im Wahlkampf  

(Themenkomplex startet im Video hier)


Katharina Fegebank stellt das erfolgreiche Wahlkampfprojekt "3 Tage wach" vor, das Online-, Offline- und Social-Media-Elemente drei Tage vor der Wahl verbindet und was bereits sehr erfolgreich im Bund, wie in der Ländern umgesetzt wurde.

Social Media nur im Wahlkampf und nicht selber einzusetzen sieht sie eher kritisch.

Dies bestätigt Dennis Gladiator mit der Aussage: Wer Social Media nur für die Stimmenmaximierung einzusetzt hat die Instrumente nicht verstanden.


Änderung Hausordnung

(Themenkomplex startet im Video hier)

In der Bürgerschaft gibt es die groteske Situation, dass die Hausordnung den Abgeordneten verbietet aus den Bürgerschaftssitzungen Fotos heraus zu twittern bzw. zu facebooken. Über das Thema habe ich anderer Stelle bereits gebloggt

Wie stehen die fünf Diskutanten zu der angeregten Änderung der Hausordnung? 

Robert Bläsing: ist in der Gesamtabwägung für eine Fotoerlaubnis während der Sitzungen.

Twitter-Account Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen)
Twitter-Account Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen)
Katharina Fegebank: findet es sinnvoll, wenn es einen "Code of Conduct" für Abgeordnete gäbe und eine Erlaubnis für Fotos - zur reinen Information, um andere und neue Zielgruppen zu erreichen. Das Parlament muss den ganzen Schritt gehen und auch alte Odnungen anpassen.

Christiane Schneider: ist gegen die Änderung der Hausordnung. Sie würde es ablenken, wenn man immer schauen würde, wer einen gerade fotografiert. Sie hört lieber dem Argument zu und hört in ihrer Funktion als Parlamentarische Geschäftsführerin viel zu. 

Dennis Gladiator: versteht nicht, warum Fotografen Fotos machen dürfen, aber alle Abgeordneten die immer überlegen wie man die Arbeit besser kommunizieren und transparenter machen kann dürfen nicht. Die Abgeordneten müssen sich zutrauen mit dem Medium vernünftig umzugehen. Die Hausordnung sollte schnellstmöglich verändert werden.

Annkathrinn Kammeyer: findet es nicht verwerflich, wenn man von ihr ein Foto machen würde, während sie am Rednerpult redet, im Livestream ist das ja auch verfolgbar. Die Regelung so wie sie bisher besteht bringt nicht so viel.

 

Blick in die Zukunft   

(Themenkomplex startet im Video hier)

Screenshot Facebook-Seite Annkathrin Kammeyer (SPD)
Facebook-Seite Annkathrin Kammeyer (SPD)
Annkathrin Kammeyer findet das Twitter ein super Medium ist, gerade wenn man nicht in der ersten Reihe einer Fraktion steht. Appelliert an die eigenen Genossen, dass diese die Instrumente noch stärker auch außerhalb des Wahlkampfes nutzen

Dennis Gladiator: Social Media soll ein normales Instrument der politischen Kommunikation werden, vor dem die Politik und Politiker die Angst verlieren.

Christiane Schneider: ist unsicher wie sich der Social Media-Einsatz in der Politik entwickeln wird. Kommunikation wird auf jeden Fall flüchtiger und kürzer und Zeitungen werden noch weniger gelesen werden.

Katharina Fegebank: sieht zwei gegenläufige Trends, zum einen die Zunahme im vernetzten und globalisierten Denken aber auf der anderen Seite auch der Wunsch zu entschleunigen und Inne zu halten. Social Media hat eine Zukunft, wie diese aussieht ist schwer zu progostizieren.

Robert Bläsing: In fünf Jahren gibt es eventuell schon wieder neue Formen der Kommunikation, die man heute nicht auf dem Zettel hat. Allerdings kommen immer nur neue Instrumente und Kanäle dazu, aber keiner der Bestehenden verschwindet wirklich. Der Einfluß der Printmedien nimmt aber ab, z.B. von SPIEGEL und BILD. 
 

Zusammenfassend kann man die Diskussion vielleicht in diesem einem Satz, der in dieser Art mehrfach am Abend gefallen ist, zusammenfassen: 

Social Media ersetzt nicht die persönliche Kommunikation - aber sie ergänzt sie auf perfekte Art und Weise, um zum Beispiel mit dem Bürger in Dialog zu kommen.    

Über die Veranstaltung wurde auch in den Printmedien berichtet unter anderem im Hamburger Abendblatt und im Neues Deutschland




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen