Einen nachhaltigen politischen Dialog haben Facebook und Twitter bislang nicht nach Deutschland gebracht, zeigen die Ergebnisse eines Forschungsprojektes im Studiengang Journalistik der MHMK, Macromedia Hochschule für Kommunikation. Hierfür wurde mittels quantitativer Inhaltsanalyse die Social-Media-Kommunikation der sechs bundesweit aktiven Parteien während der Landtagswahlkämpfe des Jahres 2011 untersucht und statistisch ausgewertet (Eine umfassende Auswertung findet sich in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Publizistik“). Das Gesamtmaterial der vorliegenden Studie umfasste mehr als zehntausend Posts und Tweets (n=10.044). Durch die Einteilung der Erhebung in vier Untersuchungswochen (jeweils zwei direkt vor und nach der jeweiligen Wahl) konnte zudem festgestellt werden, wann Parteien und User agierten.
Social-Media-Nutzung der Parteien im Ländervergleich
Die mit
Abstand aktivste Partei in sozialen Netzwerken war die Piratenpartei. Knapp
1.300 Mal postete die Internetpartei in den Untersuchungszeiträumen auf
Facebook. Mit deutlichem Abstand folgt die FDP. Allerdings zeigen sich bei der
Zuordnung der Posts zu den einzelnen Landesverbänden große Unterschiede. So wurde
die hohe Zahl an Facebook-Posts bei den Piraten von wenigen Landesverbänden
generiert. In Baden-Württemberg war die Piratenpartei auf Facebook gar nicht
aktiv – dort wiederum stellte der Landesverband der FDP zwei Drittel der
gesamten FDP-Posts ein. Lediglich die Grünen sind in jedem der untersuchten
Bundesländer aktiv, agierten allerdings eher zurückhaltend. Bei der
Facebook-Nutzung durch die Parteien lässt sich demnach keine durchgängige Praxis
erkennen. Die strukturellen Daten der Länder hatten darauf keinen messbaren Einfluss.
Twitter wurde insgesamt weniger genutzt als Facebook, sehr selektiv eingesetzt
und unterscheidet sich auch in der Nutzungsintensität stark zwischen den
Landesverbänden der Parteien.
Parteien lassen die Interaktionskette abreißen
Obwohl alle Parteien
Facebook und Twitter zur direkten Wählermobilisierung nutzen, gelingt es keinem
Landesverband, seine User und Follower über den Wahltermin hinaus in einen
regelmäßigen Dialog einzubinden. Nach der Wahl nimmt die Zahl der Partei-Posts
und -Kommentare rapide ab. So reißt die „Interaktionskette“ an dieser Stelle
auffällig ab.
Fazit
Insgesamt kann aufgrund der
geringen Anzahl von Parteikommentaren auf User-Kommentare kein Dialoginteresse
ausgemacht werden. Darin besteht auch die wesentliche Kritik an den Parteien.
Sie erkennen offensichtlich in den meisten Fällen Social Media nur als
Wahlkampf- und Marketinginstrument. Zu Interaktion und Dialog mit den Bürgern
über den Wahltermin hinaus nutzen sie diesen Kanal nicht.
Autoren
Autoren
Andreas Köhler, M.A., ist
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiengang Journalistik an der MHMK, Macromedia Hochschulefür Medien und Kommunikation in Köln und arbeitet an einer Dissertation zum Thema Symbolische Reformpolitik
an der Universität der Bundeswehr in München.
Prof. Dr. Andreas Elter leitet den Studiengang Journalistik an der MHMK, Macromedia Hochschulefür Medien und Kommunikation in Köln.
Endlich geht es mal um Qualität und nicht immer nur um Quantität. Danke der HS für die Aufstellung! Hoffentlich hilft sie der Politik zu verstehen, was Dialog- und Partizipationsmedien wirklich ausmacht.
AntwortenLöschenQualität? Das Zusammenrechnen von Postings ist ja nun reine Quantität. Und ob die Zahlen aus 2011 so aussagekräftig dafür sind, wie die Parteien 2013 agieren, ist auch noch mal eine Frage ...
AntwortenLöschenWichtig: Nicht weil der "Parteiaccount" antwortet ist das Interaktion. Bei Piraten antworten andere Piraten, Kandidaten oder auch Vorstände.
AntwortenLöschen@Till: Das stimmt. Wir werden die 2011er Daten auch mit denen aktueller Wahlen vergleichen und nach Bayern 2013 ein Update geben.
AntwortenLöschen@Till Dass überhaupt mal der "Dialog" thematisiert wird und die Feststellung, dass kein Dialoginteresse ausgemacht werden kann, und nicht wieder nur Präsenz durch Accounts oder Followerwerzahlen besprochen werden, ist doch schon ein Fortschritt in Sachen "Qualitätsmessung". Dass sich bis heute (2013) nicht viel daran geändert hat, siehst Du bei einem Blick in die Social Media Accounts der Parteien. Wie nun die inhaltliche "Qualität" dieses Dialoges (sofern vorhanden) im einzelnen aussieht, ist ein nächster Untersuchungs-Schritt. Die wird nämlich durchaus subjektiv gesehen.
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