Freitag, 18. Oktober 2013

Das ungenutzte Kommunikationspotenzial der FDP – eine Analyse des Netzwahlkampfs

Ein Gastbeitrag von Florian Brill, Mitinitiator der liberalen Graswurzelbewegung FDP Liberté.

Logo der FDP
Welchen Einfluss hat Kommunikation im Netz auf das Wahlergebnis einer Partei? Nun, darüber wird eifrig gestritten. Einig ist man sich wohl darüber, dass die Wähler-Wahrnehmung von Parteien letztlich über den Wahlerfolg entscheidet. Und eben diese Wahrnehmung wird bedingt durch die Kampagnen der Parteien, für die von Wahl zu Wahl – ganz zur Freude der zahlreichen Werbeagenturen für politische Kommunikation – immer mehr Geld in die Hand genommen wird. Hart getroffen hat es diesmal die Partei mit dem kleinsten Wahlkampfbudget aller im Bundestag vertretenen Parteien. Die FDP hat sich nach insgesamt 64 Jahren im Deutschen Bundestag, davon 42 in Regierungsverantwortung, aus dem deutschen Parlament verabschiedet. Während sich die Partei nun auf inhaltliche und personelle Fehlersuche begibt, gibt ein Blick auf die Onlinepräsenzen der FDP Aufschluss über die Kommunikationsdefizite der Liberalen.

Wie kommuniziert die FDP im Web 2.0?


Beginnen wir mit dem offiziellen Facebook-Auftritt der Partei.

Screenshot der FDP-Facebookseite
Kommunikation findet im Facebook-Kanal der FDP ausschließlich von oben nach unten statt. Mit einer für User Generated Content gesperrten Chronik und ohne Moderation der Nutzerkommentare (dafür aber mit flinken Fingern auf der Löschen-Taste) ist die FDP in den Netzwahlkampf gezogen. Diskurs findet lediglich im Kommentarfeld und in der Regel ohne Beteiligung der FDP zwischen einzelnen Nutzern statt, die sich zumeist entweder als entschiedene Anhänger oder entschiedene Gegner der Liberalen gerieren, wodurch solche Konversationen stark polarisieren und kaum Raum für Sachdiskussionen lassen.






Auch bei Twitter kannte die FDP in der heißesten Wahlkampf-Phase nur eine Fahrtrichtung für Kommunikation.
Twitter-Timeline der FDP etwa zwei Wochen vor der Wahl

Dabei kann sie zwar aus technischen Gründen öffentliche Reaktionen nicht im gleichen Maße kontrollieren wie bei Facebook, sie hat sich aber dafür entschieden, an sie gerichtete und über sie verfasste Tweets konsequent zu ignorieren. Replies, Retweets und Favorisierungen sucht man bei der FDP in Wahlkampfzeiten vergebens.

Gleichwohl setzt gerade Twitter ungeahnten Buzz für die
Liberalen frei.

Quelle Ebuzzing Deutschland

Über die FDP gibt es im Zeitraum vom 3. Juni bis zum 3. Oktober 2013 über 100.000 Tweets von über 30.000 Accounts. Davon gelten fast 1.000 als einflussreich. Diese beachtenswerten Konversationsstränge während des Wahlkampfs blieben von offiziellen FDP-Kanälen bisher nahezu vollständig ungenutzt.

Bild: Tweets über die FDP vom 03.06.2013 bis 03.10.2013, Quelle: Ebuzzing Deutschland






Aktivitäten der Basis


Bei Facebook gibt es für Anhänger und Gegner der Liberalen eine Oase der Online-Kommunikation. Die liberale Grassroots-Bewegung FDP Liberté wurde geschaffen, um Austausch über freiheitliche Inhalte zu ermöglichen. Gestartet mit der französisch konnotierten Kampagne „Liberté statt Lafontaine“ im Saarland-Wahlkampf 2011 hat es die Initiative Liberté inzwischen zur etablierten Kampagnenplattform geschafft.

Auch der Liberalismus hat Graswurzeln
FDP Liberté

Das Prinzip ist denkbar einfach: Crowdsourcing und Brainstorming für den Liberalismus. Jeder User kann in dafür vorgesehenen Facebook-Gruppen Vorschläge für Motive einbringen oder einfach selbst ein Meme generieren. Gemeinsam wird dann darüber abgestimmt, ob die entwickelten Grafiken die gewünschten Inhalte transportieren und öffentlich gepostet werden sollen. Inhaltlich reichen die Motive dabei vom politischen Tagesgeschehen über die Darstellung liberaler Tugenden bis hin zur Satire mit Blick auf den politischen Gegner.


Beate Zschäpe auf Brigitte-Cover
Beispiel eines erfolgreiches Postings auf der FDP Liberte-Fanseite
Das Crowdsourcing-Verfahren von FDP Liberté hat sich im Übrigen ausdrücklich bewährt. Abgesehen von den vielen Impressionen der Motive in zahlreichen Presse- und TV-Erwähnungen erreichen die TOP-Veröffentlichungen der Facebookseite allein durch virale Verbreitung mehr als 380.000 Menschen – ohne bezahlte Reichweite, ohne Promoted Posts.

 

Auch Kritiker der FDP sind aufgerufen, sich zu beteiligen.


Mit dem „FDP Hate Day“ stellte sich die Initiative FDP Liberté als erste politische Plattform überhaupt öffentlich der Kritik im Netz.


Screenshot FDP Hate Day

Auch für den „Hate Day“, der auf den Seiten von FDP Liberté am Valentinstag 2013 stattfand, galt die Devise: Jeder kann mitmachen. Die Angst vor „zu viel kanalisierter Kritik“ war in Funktionärskreisen der FDP anfangs erwartbar groß, hat sich aber im Nachhinein als völlig unbegründet erwiesen. Unzutreffende Kritik konnte durch liberale Facebook User, moderiert von den Admins bei FDP Liberté, ohne große Anstrengung entkräftet und zurückweisen werden. Offenkundig polemische und unsachliche Kritik richtete sich meist – ohne dass es einer Reaktion bedurfte – selbst. Und berechtigte Kritik stieß auf offene Ohren und gab den FDP-Anhängern die Chance, sich konstruktiv mit ihr auseinanderzusetzen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
  

Auch bei Twitter gibt es Pioniere



Am Tag nach der Wahl erblickte der Twitter-Account @NeueFDP das Licht der Welt. Während Christian Lindner nach der Wahlschlappe verkündete, man müsse die FDP neu denken, ruft die „neue FDP“ jeden Twitterer dazu auf, das an Ort und Stelle auch zu tun. Über 300 liberale Vordenker haben sich bereits hinter dem Account versammelt und diskutieren gemeinsam, wie die Freien Demokraten sich als für jedermann wählbare Partei, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Liberalität miteinander verbindet, neu aufstellen kann. Natürlich entscheiden in letzter Konsequenz die Delegierten zum anstehenden FDP-Bundesparteitag über personelle und inhaltliche Veränderungen. Ein kollektives Brainstorming im Vorfeld, das über die Innenwahrnehmung der Partei weit hinausgeht, kann solche Entscheidungsprozesse aber entsprechend vorbereiten. Hierzu eingeladen ist, wie immer, jeder Nutzer, der etwas beizutragen hat. Und wieder sind auch Kritiker aufgerufen, sich konstruktiv zu beteiligen.



Bild: Timeline des Twitter-Accounts @neueFDP (auszugsweise)





Fazit


Die Analyse des digitalen Wahlkampfs 2013 zeigt: Die FDP erhält im Netz ein konstantes Grundrauschen. Menschen interessieren sich ganz offenkundig für liberale Politik und werden nicht müde, sie in den Sozialen Medien zu diskutieren. Beispielhaft hierfür steht die beeindruckende Zahl der Veröffentlichungen am Tag der Bundestagswahl 2013. Über 120 Blog-Posts, über 7.000 Tweets, über 400 Artikel und über 600 Foreneinträge konnten am 22. September über die FDP erfasst werden. Im Hinblick auf die Tonalität war dabei von zügelloser Häme der politischen Wettbewerber über Trauer der liberalen Anhänger bis hin zu zahlreichen Kundgebungen über FDP-Eintritte noch am Wahlabend alles dabei.

Quelle: Ebuzzing Deutschland

Konversationen über die FDP im Netz, Quelle: Ebuzzing Deutschland

Das Wahlergebnis gibt der FDP unterdessen auch eine wichtige und längst überfällige Hausaufgabe auf.

Während manch andere Partei sich bereits längst intensiv mit interaktiven Social-Media-Strategien beschäftigt, muss die FDP jetzt unbedingt lernen, an den Gesprächen über sie im Web 2.0 zu partizipieren, anstatt nur tatenlos dabei zuzusehen, wie andere über sie sprechen. Twitter und Facebook sind keine schwarzen Bretter zur Veröffentlichung eigener Inhalte, sondern Plattformen, die der Interaktion dienen. Für Parteien gilt genauso wie für Unternehmen: Man kann sich nicht entscheiden, ob man in Sozialen Netzwerken vertreten sein will oder nicht. Man kann sich nur entscheiden, ob und wie man mitmischen will.

Dabei ist die einzig richtige Social-Media-Strategie für die FDP der Gang in die Offensive. Es ist kein Geheimnis, dass insbesondere die FDP – online wie offline – in letzter Zeit viel Kritik einstecken musste.
Darauf weiterhin im Netz nicht zu reagieren ist für die FDP im Jahr 2013 keine denkbare Option mehr.

Analog zu der Guerilla-Aktion „FDP Hate Day“ von FDP Liberté gilt es für die offiziellen Kanäle der Liberalen jetzt mehr denn je, unberechtigte Kritik entschieden zurückzuweisen und sich mit berechtigter Kritik konstruktiv auseinanderzusetzen. Krisenkommunikation muss insbesondere in den Sozialen Netzen ein fester Strategiebestandteil einer Partei sein, die nunmehr in die schwerste Krise ihrer Geschichte geraten ist.

Wahlkampf-Claims wie „Keine neuen Steuern“ und „4 gute Jahre für Deutschland“ machen noch keine liberale Partei. Als solche wird die FDP, wie jüngste Wahlergebnisse zeigen, auch kaum noch wahrgenommen, was zu nicht unwesentlichen Teilen auch der defizitären Kommunikationsstrategie geschuldet ist. Dabei ist offene und authentische Kommunikation im Netz eigentlich keine Raketenwissenschaft. Wenn die FDP den Mut findet, User zukünftig in ihre Online-Präsenzen aktiv mit einzubinden, fände sie dadurch nicht nur mehr Zustimmung in Form von Follower- und Fanwachstum. Sie würde auch dem urliberalen Prinzip entsprechen, Menschen etwas zuzutrauen; in diesem Fall: Menschen zuzutrauen, sich qualifiziert am politischen Online-Diskurs zu beteiligen.


Autor

Florian Brill
Florian Brill (@FlorianBrill) ist PR-Manager beim IT-Unternehmen Ebuzzing, das Markenbotschaften im Social Web verbreitet und weltweit Web-2.0-Content analysiert. Seit 2010 beschäftigt er sich gemeinsam mit dem Binger PR-Berater Hasso Mansfeld mit politischer Kommunikation im Internet. Der Autor ist Mitinitiator der liberalen Graswurzelbewegung FDP Liberté.









11 Kommentare:

  1. Das ist leider eine mehr als halbgare Analyse. Sehr oberflächlich und offensichtlich nur ein Werbe-Post für FDP Liberte.

    Was hier verkannt wird: Online-Wahlkampf ist mehr als ein bisschen facebooken und twittern. Dazu: Kein Wort. Positive Beispiele gibt's ja genügend, dass 3 Tage Wach der GRÜNEN oder auch die crossmediale Aufmerksamkeit von Merkels Riesen-Raute (konzipiert fürs virale Marketing im Netz).

    Da fehlt bei der FDP auch das grundlegendste Verständnis wie das Netz funktioniert - immerhin hat die FDP mehrfach im Wahlkampf Remixe ihrer Plakate abgemahnt. Auch dazu - kein Wort.

    Abschließend noch in kleiner Hinweis zu dieser Graswurzel-Bewegung FDP-Liberte: Da ist viel los und hin und wieder kommt auch etwas Gutes dabei raus. Überwiegend ist es aber politikfernes Gehate gegen andere Parteien. Qualitativer Diskurs? Fehlanazeige. Was FDP Liberte geschafft hat und dazu muss man ausdrücklich gratulieren: Es hat offen gelegt, wie viele Mitglieder und Unterstützer in der FDP wirklich sind. Überheblich, fast hasserfüllt. Diese Offenlegung der wahren FDP-Seele hat auch mit zum Scheitern an der 5%-Hürde gefühlt. Dafür: Vielen Dank!

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    1. Sorry, zum dritten Mal...

      Dass die FDP Defizite hat bei der Online-Kommunikation, hat dieser Beitrag offen thematisiert. Dass der Umgang von FDP Liberté auf Facebook wesentlich offener und besser ist, als die offiziellen FDP Kanäle, hast du indirekt selbst zugegeben.

      Deiner Bewertung von Liberté kann ich mich überhaupt nicht anschliessen. Wer mal wirklich die Diskussionen liest unter einzelnen Motiven - natürlich nicht allen - der liest im Gegenteil sehr viel Häme und Hass gegen Liberale! (Nicht nur gegen die FDP!). Man muss sich nur mal die Mühe machen und die Motive aus den Fotos raussuchen, die sich mit dem Veggie-Day beschäftigen. Der Hate-Day ist unter anderem deshalb entstanden, weil die FDP und auch der Liberalismuss gehasst wird und zwar in einer Form, die von stumpfer Pöbelei bis hin zu Verunglimpfung als Nazis und was weiß ich nicht noch alles geht.

      Liberté ist in erster Linie entstanden, um sich dieses bashing nicht länger gefallen zu lassen. Da ist es klar, dass man auf der Seite auch einiges zu lesen und zu sehen ist, das zurückschlägt. Aber das ist eher eine Reaktion, als eine Aktion.

      Der qualitative Diskurs findet durchaus statt, wenn auch zugegeben weniger. Aber es ist auch nicht Aufgabe einer losen Ansammlung von FDP Freunden, qualitative Diskurse in Facebook-Diskussionen zu organisieren. Dafür ist das Medium und die Gruppe nicht wirklich gut geeignet. Es dient zur kreativen Kontaktaufnahme und dazu, Präsenz zu erzeugen, und erst nachgeordnet zur Verbreitung von Informationen und Positionen. Inhaltlich diskutiert wird dabei aber viel. Vielleicht solltest du mal genauer hinlesen.

      Die These, dass ausgerechnet die erfolgreichste nicht offizielle politische Unterstützerseite einer deutschen Partei bei Facebook dafür gesorgt hat, dass die FDP unter 5% landete, müsstest du dann mal etwas näher erläutern und untermauern, außer mit deiner subjektiven Wahrnehmung. Denn ansonsten ist diese These weit oberflächlicher, als du es dieser Analyse hier vorwirfst. Ich finde sie im übrigen sehr interessant und aufschlussreich.

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  2. Mich wundert, dass in dem Beitrag kein Wort über die zentrale Plattform der FDP "Meine Freiheit" fällt. Die Plattform war m.E. wesentlicher Knotenpunkt in der Online-Strategie der FDP und hinsichtlich der Mobilisierung der eigenen Anhänger ein starkes Tool mit vielen Möglichkeiten zum selbstorganisierten Handeln.

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    1. Wie Sie bereits richtig festgestellt haben, versammeln sich in einem FDP-eigenen, geschlossenen Sozialen Netzwerk auch nur FDP-Anhänger. Echte Relevanz erzeugt man über Social Media meiner Ansicht nach nur, wenn man nicht ausschließlich in der eigenen Suppe schwimmt.

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    2. Das stimmt so nicht. Das Netzwerk steht jedem offen und ist nicht an eine Mitgliedschaft in der FDP geknüpft. Es finden sich durchaus auch Parteikritiker in dieser Community, die Diskussionen anstoßen. Zudem lässt sich die Plattform gut mit anderen Social Media-Kanälen verknüpfen, sodass Nutzer die Möglichkeit haben, hier ihre Social Media Aktivitäten zu kanalisieren und darüber zu mobilisieren. Ich finde, das wäre durchaus auch eine Beobachtung wert.

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  3. Mit likes und retweets gewinnt man aber keinen Wahlkampf.

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  4. Die Wiedergabe der Beobachtungen des Autors ist korrekt. Daran besteht kein Zweifel. Die Analyse der Beobachtung ist jedoch sehr oberflächlich. Schaut man sich die Qualität der Kommentare auf der FDP-Facebook-Seite an, stellt man schnell fest, dass sich die meisten User im Wahlkampf kaum mit dem Thema des Post befasst, sondern einfach nur negativ themenfremd kommentiert haben und an einem Austausch von Argumenten nicht interessiert waren.

    Leider hat der Autor die User und die Trollstruktur nicht genauer betrachtet, sonst wäre ihm beim genaueren Untersuchen aufgefallen, wie viele User offensichtliche Mitglieder, Sympathisanten oder gar bezahlte Mitarbeiter anderer Parteien waren, die nicht auf eine ernsthafte Diskussion auswaren.

    Der Autor stellt darauf ab, dass es sich bei einer Facebook-Seite nur um eine Dialogplattform zwischen Usern und dem Betreibern handele. Sollte es nicht viel mehr eine Plattform sein, bei der User untereinander diskutieren? Um im 1:1 Austausch zu treten, bietet die FDP-Seite -übrigens als einzige Facebook-Seite der etablierten Parteien - die Möglichkeit, eine persönliche Nachricht zu schicken, wovon sehr vielen User im Wahlkampf Gebrauch gemacht machen.

    Die User wollen auch nicht mit einem Mitarbeit hinter dem Profil einen Diskurs führen. Vielmehr erwarten sie, dass sich Liberale – egal ob Basismitglied oder MdB – aktiv auf der Seite einbringen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass das Mitdiskutieren von MdB, MdL und MdEP die echte Diskussion stark belebt. Doch hierzu kann man niemanden zwingen.

    Mitmachangebote über die Facebook-Seite gab es übrigens viele. Sei es die „Gut-gemacht-Kampagne“, bei der nahezu 200 Personen Ihre Bilder im eigens dazu entwickelten Tool hochgeladen haben, die dann täglich auf Facebook veröffentlicht wurden, Pro&Contra-Fragen zu aktuellen Themen oder die Aufforderung zum Posten des Mittagessen am letzten Donnerstag vor der Wahl als eine Art „Anti-Veggie-Day“. Leider hat die FDP mit vielen anderen Angeboten nicht die gewünschte Resonanz erreicht. So beteiligten sich z.B. nur gerade eine Hand voll User beim Hochladen Ihrer Wahlplakate oder Bilder von Wahlkampfaktivitäten.

    Hätte sich der Autor mit der Geschichte der FDP-Facebook-Seite und der anderen Parteien auseinandergesetzt, wüsste er, dass die FDP-Seite die Letzte war, die die Chronik für User Generated Content eingeschränkt hat. Hintergrund waren auch hier die zu über 95% nur negativen Postings der Sympathisanten der politischen Konkurrenz.

    Die Unterstellung „dafür aber mit flinken Fingern auf der Löschen-Taste“ ist schlicht unwahr. Natürlich nutzt die FDP-Facebook-Seite den von Facebook angebotenen Spamfilter. So steht es auch im Hinweis im Verhaltenskodex der Seite: „Kommentare, die von mehreren Usern als Spam markiert werden oder Kommentare, die mehrfach auf der Seite gepostet werden, werden automatische von Facebook gelöscht. Die Redaktion dieser Seite hat darauf keinen Einfluss.“ Hinzukommen die automatisch von Facebook als Spam eingestuften Kommentare. Der Administrator selbst löscht und sperrt äußerst zurückhaltend.

    Der Autor muss sich auch die Frage stellen lassen, was er glaube, wie viele Personen - realistisch gesehen – das FDP-Profil mit über 25.000 Fans nach seinen Vorgaben inhaltlich betreuen sollen? Eine einzelne Person war im Wahlkampf allein damit beschäftigt, die Fragen der User per persönlicher Nachricht an das FDP-Profil zu beantworten. Schaut man sich die Struktur der FDP-Bundesgeschäftsstelle an, stellt man schnell fest, dass es gerade eine ½ Stelle von 30 Mitarbeitern gibt, die für sämtliche Internetauftritte der Partei allein verantwortlich zeichnet. Zum richtigen inhaltlichen Mitdiskutieren „als FDP-Facebook-Seite“ reicht selbst eine Vollzeitstelle nicht aus.

    Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass sich der Autor – wie es sonst bei diesen Recherchen üblich ist – mit mir als Administrator, der wie es sich gehört auch im Impressum steht, zumindest kurz in Verbindung setzt und über die Hintergründe spricht.

    Liebe Grüße

    Tommy Diener
    Administrator der FDP-Facebook-Seite

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    1. Lieber Tommy,

      herzlichen Dank für dein Feedback, über das ich mich ehrlich gefreut habe. Ich würde gern die ein oder andere Anmerkung dazu machen:

      1) Eins vorab: Mein obenstehender Beitrag ist kein persönlicher Angriff gegen dich oder gegen andere Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle. Er ist weggedacht von allen Budget- und Personalfragen, die bei der Konzeptionierung von Social-Media-Strategien zweifelsohne eine entscheidende Rolle spielen. Es handelt sich schlicht um eine Analyse – mit Ausblick auf das Optimum. Es war sicher nicht meine Absicht, dich persönlich damit in irgendeiner Art und Weise zu diskreditieren.

      2) Ich selber betreue die verschiedensten Facebook- und Twitter-Kanäle – beruflich und privat, politische Accounts und Unternehmensprofile, mit Reichweiten von 100 bis 20.000 Anhängern. Ich kenne das Problem der fehlenden Manpower für die Betreuung von Social-Media-Channels nur zu gut. Die Annahme, ein Mensch allein könnte die offizielle Facebook-Seite der FDP hinreichend betreuen, ist utopisch. Dass du das im Wahlkampf ganz alleine gestemmt hast, war mir so nicht bewusst und umso erstaunlicher finde ich das. Analog der Content-Management-Strategien für Profile großer Unternehmen sollte im Idealfall ein auf Corporate Communications geschultes Team hinter dem Social-Media-Auftritt einer Partei stehen. Die Erfahrung zeigt indes, dass es nur die zweitbeste Lösung ist, Content-Leistungen in Sozialen Netzwerken extern (von Agenturen) einzukaufen. Dass die FDP weder das eine noch das andere im Wahlkampf 2013 umsetzen konnte, ist mit Blick auf das eingesetzte Wahlkampfbudget mehr als verständlich. Meine Kritik ist hier auch ausdrücklich NICHT auf einen mangelhaften Umsetzungswillen gerichtet – im Gegenteil sogar: Wenn jemand eines Tages den politischen Online-Diskurs revolutioniert, dann die FDP (das habe ich auch im Artikel zum Ausdruck gebracht). Meine Kritik setzt ausschließlich an dem bescheidenen aber nun mal vorhandenen Resultat an, unabhängig von persönlichen Schuldzuweisungen an einzelne Beteiligte.

      3) Großes Lob für die Möglichkeit, sich mit der FDP per Facebook-Nachricht auszutauschen. Interessant wäre: Wie viele User wissen, dass es diese Möglichkeit gibt und wie oft wird sie genutzt? Auf der Liberté-Seite bildet die Nachrichten-Funktion den geringsten Anteil qualifizierter Kommunikation ab (dort ist es ein nicht öffentliches Hater-Ventil, um genau zu sein).

      [Teil 1 von 2]

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  5. [Teil 2 von 2]

    4) Die Aussage, dass die FDP kritische Kommentare löscht, beruht sowohl auf eigenen Beobachtungen als auch auf dem Feedback vieler Nutzer, die nach erfolglosem Diskussionsversuch auf der FDP-Seite zu FDP Liberté ausweichen. Denkbar ist, dass die von dir genannten „bezahlten Mitarbeiter anderer Parteien“, sofern es sie denn gibt, mit immer wiederkehrenden Anmerkungen im Kommentarfeld der FDP-Seite eine gewisse technische Eigendynamik beim „Verschwinden“ von Kommentaren hervorrufen. Grundsätzlich fährt man aber aus meiner Sicht mit der Devise am besten, Kommentare nicht zu löschen, solange sie keinen in höchstem Maße ehrverletzenden, volksverhetzenden oder sonstwie strafrechtlich relevanten Inhalt aufweisen und auch von Facebook willkürlich als „Spam“ markierte Kommentare regelmäßig wiederherzustellen.

    5) Ich weiß, dass die gesperrte Chronik inzwischen beinahe zum guten Ton gehört. Ich weiß, dass alle politischen Seiten das bei Facebook so handhaben (mit einigen Ausnahmen, in denen in der Chronik öffentliche "Empfehlungen" über die Partei verfasst werden können). Die Argumentation "Wir sperren die Chronik, weil 95% des User Generated Contents negativ ist" bleibt aber trotzdem der falsche Ansatz. User Generated Content ist das Spiegelbild einer Marke. Er bildet ab, wie die Organisation wahrgenommen wird, für die der jeweilige Social-Media-Kanal steht. Oft ungleich verteilt, oft nicht ganz fair, oft unsachlich vorgebracht, aber in der Gesamtheit immer ein Spiegelbild. Dabei hat nicht nur die FDP mit einem negativen Image im Netz zu kämpfen (ich empfehle hierzu einen Blick auf die offiziellen Kanäle des Nudelherstellers Barilla oder des Mode-Lables Abercrombie & Fitch). Wie im Beitrag erwähnt, heißt das entscheidende Stichwort hier Krisenkommunikation. Selbst wenn 99% des User-Feedbacks negativ wären, ist es dennoch Aufgabe von Kommunikation, auf sachlich vorgebrachte Kritik in welcher Form auch immer einzugehen. Smarte Reaktionen von offiziellen Kanälen auf jede Form von User-Kritik werden dabei im Netz eigentlich immer belohnt. Und gleich ob positiv oder negativ: Feedback ist immer ein Anlass für Diskussionen. Der FDP Hate Day hat in meinen Augen anschaulich gezeigt, dass man selbst vor gebündelter Kritik im Netz keine Angst haben muss.

    Viele Grüße
    Florian

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  6. Ich hab eine Frage:

    Und zwar hätte ich gerne verstanden wie diese FDP Liberté Community denn gearbeitet hat. Auf deren Website heißt es:

    "Die Motive und Ideen werden von Einzelpersonen entworfen und sollen in dem Forum ausdrücklich kritisch diskutiert werden. Die fertigen Entwürfe werden auf die FDP Liberté -Seite geladen und können von dort für Wahlkampfzwecke kostenfrei genutzt werden"

    War mit dem "Forum" die Facebook Seite gemeint? Und mit der "Seite" die www.fdp-liberte.de ? Wenn ja, dann haben es ja scheinbar nur wenige Motive von der Liberté Facebook Page auf die www.fdp-liberte.de Seite geschafft?

    Wenn nein: Wo ist dann dieses Forum?

    Ebenfalls würde mich interessieren, wie die Beiträge auf die FDP Liberté Seite gepostet wurden. Einfach über das "Auf diese Facebook Page posten" Funktion?

    LG, Sebastian

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    1. Hi Sebastian,

      wie im Beitrag oben beschrieben, gibt es verschiedene Facebook-Gruppen, die den Entstehungsprozess von User Generated Content begleiten. Dort werden die Mehrzahl der Motive unter den Mitwirkenden diskutiert und abgestimmt. Ein User-Motiv kann es aber durchaus auch über die offene Wall auf die offizielle Liberté-Facebookseite schaffen. Gelungene Grafiken werden von den Admins grundsätzlich geteilt, weniger gelungene oder kritische Beiträge meistens mit einem einordnenden Kommentar versehen. Eine Reaktion auf einen Beitrag erhält der User jedenfalls wann immer das irgendwie möglich erscheint.

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