Screenshot Komm-Passion Dossier 6/2013 |
Die Groko (Große Koalition) ist die wohl schwerste Geburt des politischen Jahres 2013. Langwierige Koalitionsverhandlungen, Schwarz-Grüne Gespräche und der SPD-Mitgliederentscheid machten diese Regierungsbildung zur längsten in der Nachkriegsgeschichte. Auf Facebook war der Ausgang der Wahl dabei schon länger klar: Der Blick in die Lebenswelten der Parteianhänger zeigt deutlich, dass die Groko nicht nur ein möglicher, sondern der wahrscheinlichste Wahlausgang war.
Ein Blick in die Lebenswelt von Partei-Fans
Um einen genauen Blick in die Lebenswelt der Parteien zu haben, wurden die Like-Angaben von Facebook-Usern analysiert. Schwerpunkt lag dabei auf Usern, die eine oder mehrere Seiten einer bestimmten Partei geliked haben, somit klar einer Partei zuzuordnen sind. Ihre sonstigen Like-Angaben wurden gesammelt und ausgewertet, summiert und an gängige Zielgruppenmodelle angepasst. So entsteht das so genannte soziale Genom, eine angenommene „Lebenswelt“ der untersuchten Gruppe. Alle Bestandteile dieser Lebenswelt, seien es politische Überzeugungen, musikalische Vorlieben oder die Lieblings-Automarke, lassen sich so gezielt abbilden und miteinander in Zusammenhang stellen.
In der heißen Phase der Bundestagswahl
konnten wir mit der Untersuchung „Politik Intern 13“ klar zeigen: Zwar sind SPD
und CDU in politische Grabenkämpfe verstrickt, die Überschneidungen der
Lebenswelt zeigt jedoch deutlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Die im Wahlkampf
angestrebten Bündnisse, also Rot-Grün und Schwarz-Gelb, weisen zwar jeweils
eine Vielfach größere Überlappung der Lebenswelt auf, dennoch hat das
Schwarz-Rote Bündnis für die Parteien viele Vorteile, wie ein Blick ins Innenleben
der Parteien auf Facebook gezeigt hat.
Gemeinsamkeiten machen den Unterschied
So ist die Lebenswelt der SPDler zwar von
viel mehr politischen Themen geprägt als die der CDUler, jedoch greift die SPD
weitaus weniger Themen auf als die Grünen oder gar die Linken. Hier zeigt die
SPD sich deutlich als „Links-Light“. CDUler haben kaum politische Initiativen
in ihrer Lebenswelt und sind eher geprägt von großer Zufriedenheit. Angela Merkel ist auf Platz 1 aller Likes.
Die Positionierung gegeneinander findet bei Facebook auf einem Level statt, das man wohl am besten mit Geplänkel beschreiben kann. CDUler liken verhalten die „Aktion Linkstrend stoppen e.V.“, SPDler suchen die Auseinandersetzung mit dem Gegner am liebsten über die Satire („Kann dieser herzlose Streuselkuchen mehr Likes bekommen als Guido Westerwelle?“). Leidenschaftliche politische Debatte geht anders.
Was aber überwiegt, sind die Überlappungen: Beide Parteien sind sich sehr ihrer eigenen Tradition bewusst, informieren sich in On- und Offline Medien. Aber auch Belange fernab vom politischen Geschehen einen beide Lebenswelten: SPDler und CDUler fahren gerne Bahn und gucken Tatort. Somit ist der Koalitionsfrieden zumindest am Sonntagabend gesichert.
Ergebnisse
der Untersuchung (in Kürze):
CDU – (Selbst-)Zufriedenheit pur
FDP – Leben im Luxus
Grüne – Lifestyle-Idealismus für Gutmenschen
Linke – Eigentlich alles Kommunisten
Piraten – Ein Bisschen engagiert – wenig interessiert
AfD – Erst das Geld, dann das Geld
(Der AfD haben wir in der Untersuchung gute Chancen auf ein sehr gutes Wahlergebnis prognostiziert – alleine aufgrund von Daten, die mittels Facebook-Analyse gewonnen wurden.)
Marktforschung trifft Meinungsforschung
Nicht nur einzelne Parteien, auch politische
Themen lassen sich so analysieren. So konnten wir schon früh nachweisen, dass
ein Asyl für Snowden in Deutschland in der breiten Bevölkerung keine Zustimmung
findet. Lediglich ein kleiner Teil mit meist Grünem oder Linkem Hintergrund, dem
z.B. Amnesty International gefällt und der sich für verwandte Themen
interessiert, setzt sich aktiv für ein Snowden-Asyl ein. Daran konnte auch die
hohe mediale Aufmerksamkeit rund um den Ströbele-Besuch nichts ändern. Der
Regierung dürfte das Thema absolut fern liegen.
Warum Facebook für die (politische) Marktforschung einsetzbar ist
Facebook hat in Deutschland rund 25 Millionen
monatliche Nutzer. Die hohe Nutzerzahl und eine immer älter werdende Community
sorgen dafür, dass Facebook längst kein Jugendphänomen mehr ist, sondern einen
breiten Querschnitt der Bevölkerung repräsentiert. Die Methode, die
komm.passion GmbH in Zusammenarbeit mit der Dr. Holthausen GmbH zum Einsatz
bringt, bietet einen komplexen Einblick in genau diesen Querschnitt.
So haben wir uns mit der Methode auch dem Thema Nachhaltigkeit auf Facebook genährt und erstaunliche Ergebnisse herausgefunden. Die Ergebnisse zur Nachhaltigkeits-Studie gibt es hier.
Einen Vortrag von Dr. Klaus Holthausen zur Nachhaltigkeits-Studie und der Methode können Sie auch auf Youtube ansehen.
Abbildung
4 Methode
Autoren
Prof. Dr.
Alexander Güttler, Gründer und CEO der Kommunikationsberatung komm.passion
lehrt als Professor am Institut für Journalismus und Public Relations der Westfälischen Hochschule und war von 2009 bis 2013 Präsident der GPRA
(Gesellschaft der Public Relations Agenturen) und ist im Deutschen Rat für Public Relations für Digitales zuständig.
Dr. Klaus
Holthausen ist Physiker und hat Anfang der 90er Jahre in Neurowissenschaften
promoviert und an der Universität Jena eine Arbeitsgruppe zur Grundlagenforschung
und Mustererkennung betreut. Als Autor und Erfinder hat er sich vor allem mit
der Funktionsweise assoziativer Systeme befasst. Als Unternehmer der Dr.
Holthausen GmbH befasst er sich mit der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse
für Business Anwendungen.
Wo bleiben FREIE WÄHLER? Die sind doch massiv z. B. bei Twitter, aber auch auf Facebook vertreten...!
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