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Vor dem Hintergrund sinkender Wahlbeteiligungsraten und einer seit jeher gesamtgesellschaftlich eher gedämpften Euphorie für politische Themen ist es nicht überraschend, dass politische Akteure auch hierzulande immer neue Wege ausloten, um einen Draht zur Bevölkerung herzustellen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Facebook und Co. aufgrund ihrer Beliebtheit in der Bevölkerung spätestens seit dem Wahljahr 2009 einen ernstzunehmenden Kanal politischer Kommunikation seitens der Politiker und Parteien darstellen. Dennoch herrscht nach wie vor große Unsicherheit darüber, ob und welche politischen Potentiale soziale Online-Netzwerke bergen. Einige dieser offenen Fragen möchte ich in diesem Beitrag adressieren: Welche Zielgruppen werden seitens der politischen Akteure in sozialen Online-Netzwerken erreicht? Können Facebook und Co. den Weg für politikferne Schichten zu politischen Themen ebnen? In welcher Hinsicht sind soziale Online-Netzwerke klassischen Websites als Tool der politischen Information vielleicht sogar überlegen? Und: Durch welche Mechanismen kommen die Nutzer dort mit politischen Inhalten in Kontakt?
Jung, „nerdig“ und gut gebildet war gestern
Regelmäßig erscheinende Nutzungsstatistiken wie die der ARD/ZDF-Online-Studie zeigen, dass neben jungen Leuten, die Facebook und andere soziale Online-Netzwerke als „early adopter“ groß gemacht haben, nunmehr auch ältere Personen dorthin strömen. So sind unter den deutschen Onlinern knapp 90 Prozent der 14 bis 19 Jährigen, 80 Prozent der 20 bis 29 Jährigen, 55 Prozent der 30 bis 39 Jährigen aber auch knapp 40 Prozent der 40 bis 49 Jährigen und knapp 20 Prozent der über 50 Jährigen in sozialen Online-Netzwerken vertreten (ARD/ZDF-Online-Studie 2013).
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Hinsichtlich der Nutzungsmotivation
stehen die Kommunikation mit Freunden, Familienmitgliedern und Bekannten sowie die
Unterhaltung an oberster Stelle. Politische Themen nehmen in den sozialen
Online-Netzwerken also keineswegs vordergründige Positionen ein.
Dementsprechend tummeln sich bei Facebook und Co. weder besonders politisch
interessierte Personen noch besonders politisch Aktive. Die Netzwerke deshalb aber
als politisch bedeutungslos abzutun, wäre dennoch verfrüht. So lässt sich seit
Kurzem eine Verschiebung der Nutzungsmotive und Nutzungsweise bei den Usern der
Plattformen feststellen. Dabei zeigt sich bei den Nutzern vor allem ein
steigendes Bedürfnis nach qualitativen Informationsinhalten; Informationsmotive
– man denke an die Ausrufung Zuckerbergs Facebooks zur persönlichen Zeitung zu machen – vermehren sich. Ein wachsender Teil der Nutzer möchte also im Netzwerk ausdrücklich mit Informationen – und zwar auch politischer Natur – in Kontakt
kommen oder stellt diesen selbst her.
Diesem Bedürfnis entsprechen deshalb sowohl massenmediale Anbieter, die nunmehr nahezu vollständig in den Plattformen vertreten sind, als auch die politischen Akteure mit eigenen Präsenzen.
Diesem Bedürfnis entsprechen deshalb sowohl massenmediale Anbieter, die nunmehr nahezu vollständig in den Plattformen vertreten sind, als auch die politischen Akteure mit eigenen Präsenzen.
Politische Informationen in sozialen Online-Netzwerken sind „Pull“ und „Push“
Johnson Controls pull station |
Noch etwas aufwendiger ist da vielleicht nur das Posten eigener politischer Beiträge, was zu der nötigen Eigenmotivation auch noch ein inhaltliches Mitteilungsbedürfnis erfordert. In der Quintessenz eignet sich der Pull-Mechanismus sozialer Online-Netzwerke also nicht dafür, Kontakt zu Zielgruppen herzustellen, die sich nicht für Politik interessieren. Er ist vielmehr Anlaufstelle derer, die sich ohnehin interessieren und weitere Vernetzung oder Informationen suchen.
Grundlegend anders gestaltet sich
der Kontakt mit politischen Inhalten nach "Push-Medienlogik", was die Berührung
mit politischen Inhalten meint ohne, dass der Nutzer diese gezielt anfordert
oder gar aufsucht. Bei Facebook kommt dafür vor allem der Newsfeed in Betracht
(andere Netzwerke verfügen über ähnliche Mechanismen). Als Bündel aller Aktivitäten
des eigenen Netzwerkes kommt der User über den Newsfeed überraschend mit den
Inhalten in Kontakt, die in seinem Freundes- und Bekanntenkreis generiert
wurden – seien sie politischer Natur oder nicht. Es ist dieser Mechanismus, der
die gewisse Überlegenheit sozialer Online-Netzwerke im Bereich der politischen
Kommunikation im Vergleich zu klassischen Websites ausmacht, weil vom Nutzer
eben keine Aktivität für den Empfang von Informationen vorausgesetzt wird. Der
Aufwand seitens der User über diese Push-Logik mit politischen Beiträgen in
Kontakt zu kommen, unterscheidet sich also erheblich zur ersten Variante – er
tendiert gegen Null und stellt für die Masse der unpolitischen Nutzer sozialer
Online-Netzwerke, wozu durchaus auch politikferne oder schwer zu erreichende
Zielgruppen gehören, ein realistisches Einfallstor politischer Informationen
dar. Etwas mehr Aufwand – wenngleich immer noch im niedrigschwelligen Bereich –
erfordert das Liken oder Sharen von politischen Beiträgen als weitere Wege in
sozialen Online-Netzwerken mit politischen Inhalten in Kontakt zu kommen.
Der Großteil der Nutzer sozialer Online-Netzwerke begegnet politischen Inhalten zufällig
Der Blick in die Empirie am
Beispiel Facebook untermauert die Annahme, dass der dem Nutzer abverlangte
Aufwand zur Informationsgewinnung erheblich damit in Zusammenhang steht, ob
dieser bei Facebook mit politischen Inhalten in Kontakt kommt oder nicht.
Quelle: Eigene Berechnung. Eigene Darstellung. Die
Datengrundlage stammt aus einer eigens durchgeführten internetbasierten
Panelumfrage. Analysiert wurde hier die zehnte Welle des Panels, dessen
Befragungszeitraum vom 27. März bis 27. November 2011 andauerte.
Dabei zeigt sich erst einmal, dass sich die Befragten häfltig in Facebook-Nutzer und Nicht-Nutzer aufteilen. Unter den Nutzern geben 25 Prozent der Studienteilnehmener an, bei Facbook niemals politische Beiträge zu sehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass 75 Prozent der Befragten ohne großes Zutun ihrer selbst schon einmal politischen Informationen von anderen bei Facebook begegnet sind. Davon berichten 35 Prozent der Befragten von „sehr wenigen“ und weitere 30 Prozent von „eher wenigen“ politischen Beiträgen in ihrem persönlichen Netzwerk bei Facebook. Nur eine kleine Minderheit von zirka zehn Prozent gibt an „eher“ oder gar „sehr viele“ politische Beiträge bei Facebook wahrgenommen zu haben.
Hinsichtlich des Postens eigener
Beiträge gibt rund die Hälfte der Befragten an, nie politische Inhalte bei
Facebook zu verbreiten. 21 Prozent posten „sehr wenige“ und 18 Prozent posten
„eher wenige“ politische Beiträge. Auch hier gibt es nur eine kleine Minderheit
von rund elf Prozent der befragten Nutzer, die angibt selbst
"eher" oder "sehr
viel" über Politik zu posten. Der letzte untersuchte Indikator, der
ebenfalls Eigeninitiative erfordert, nämlich die Anzahl der politischen
Profile, die den Nutzern "gefällt", bekräftigt das bis hierhin
entstandene Bild. Über 80 Prozent der befragten Facebook-Nutzer gefällt kein
einziges politisches Profil. Nur eine Minderheit folgt aus eigenem Antrieb politischen
Profilen auf Facebook – und selbst dann bleiben es eher wenige.
Facebook bietet seinen Nutzern also sowohl über Pull- als auch Push-Elemente Möglichkeiten der politischen Information. Dabei stellt sich der Mechanismus über die eigenen Kontakte mit politischen Inhalten in Berührung zu kommen als besonders vielversprechend dar, weil den unpolitischen Motivationslagen der meisten Facebook-Nutzer damit am ehesten entsprochen wird.
Facebook bietet seinen Nutzern also sowohl über Pull- als auch Push-Elemente Möglichkeiten der politischen Information. Dabei stellt sich der Mechanismus über die eigenen Kontakte mit politischen Inhalten in Berührung zu kommen als besonders vielversprechend dar, weil den unpolitischen Motivationslagen der meisten Facebook-Nutzer damit am ehesten entsprochen wird.
Eine Chance, die an Bedingungen geknüpft ist
Facebook und Co. öffnen also aus mehrerlei Hinsicht für politische Akteure einen Spalt zu potentiellen Wählern. In sozialen Online-Netzwerken tummelt sich nicht nur eine Zielgruppe, die für Politiker und Massenmedien zunehmend schwerer zu erreichen ist. Die Push-Logik, die dem Newsfeed bei Facebook (und vergleichbaren Einrichtungen in anderen Netzwerken) inhärent ist, sorgt zudem dafür, dass sich diese Personen den dort vorkommenden politischen Inhalten weniger stark entziehen können als dies zum Beispiel bei politischen Websites der Fall ist.
Damit der hier beschriebene Push-Mechanismus allerdings zum Einfallstor politischer Information wird, müssen politische Inhalte als mitteilenswert erachtet werden, also durch liken und sharen überhaupt in die einzelnen Netzwerke hineingetragen werden. Dies ist keine triviale Anforderung – und damit eine Herausforderung für die Politik 2.0.
In voller Länge – und mit tiefergehenden Analysen – ist dieser Beitrag vor kurzem im Buch „Internet und Partizipation. Bottom-up oderTop-down? Politische Beteiligungsmöglichkeiten im Internet“ von Kathrin Voss erschienen.
Hohmann, Daniela/Faas, Thorsten:
Politik – gefällt mir?! Soziale Online-Netzwerke als Quelle politischer
Information, in: Kathrin Voss (Hrsg.): Internet und Partizipation. Bottom-up
oder Top-down? Politische Beteiligungsmöglichkeiten im Internet, Wiesbaden:
Springer 2014, S. 247-261.
Autorin:
Daniela Hohmann ist seit November 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bereich Empirische Politikforschung an
der Johannes Gutenberg Universität in Mainz. Ihre Forschungsinteressen umfassen
Wahlkämpfe und Wahlkampfkommunikation mit Schwerpunkt auf modernen
Kommunikationskanälen wie Sozialen Online-Netzwerken.
Auf
Twitter: @DanielaHohmann
sadfdvgbf
AntwortenLöschenAls ghostwriter bin ich darauf spezialisiert, fesselnde Erzählungen zu verfassen, die bei den Lesern Anklang finden. Ob Sie Artikel, Blogbeiträge oder Social-Media-Inhalte benötigen, ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Meine Expertise stellt sicher, dass Ihre Botschaft klar, ansprechend und wirkungsvoll ist.
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