Wahlbeobachter in den Medien

Montag, 31. März 2014

Regierungskommunikation: Die Bundesregierung erreicht junge Bürger nicht

Dies ist ein Gastbeitrag von Madlen Leukefeld M.A. Die vorliegenden Ergebnisse sind Auszüge aus ihrer Masterarbeit „‘Erstwähler und Regierungskommunikation‘ Eine quantitative Analyse der Motive für die Nutzung von Online-Angeboten der Bundesregierung“ vom Oktober 2013. 

Philologische Bibliothek der FU Berlin
Seit dem Aufkommen des Internets als neues Medium hat sich die Struktur des deutschen Mediensystems zum Teil grundlegend modifiziert. Auch die Politik musste sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Bereits seit Ende der 90er Jahre setzen deutsche Regierungen auf Online-Formen der Regierungskommunikation. Profile auf sozialen Netzwerken stellen längst keine Seltenheit mehr dar. Die Bundesregierung betreibt einen eigenen YouTube-Channel, der Regierungssprecher twittert regelmäßig und die Bundeskanzlerin betreibt einen eigenen Podcast. Das Internet führte also zu großen Veränderungen des Kommunikationsverhaltens der Gesellschaft. Besonders die jüngeren Generationen – die sogenannten „Digital Natives“ – haben sich der Logik des Mediums Internet komplett angepasst. 
 
Diese Arbeit setzte sich mit der Betrachtung des Nutzungsverhaltens eben dieser Gruppe hinsichtlich der Regierungskommunikation im Netz auseinander. So sollten neben einer einfachen Nutzungsabfrage besonders die Motive betrachtet werden. Zur besseren Klassifizierung wurden die Formen der Regierungskommunikation im Netz strukturiert nach Plattformen – also konkreten Websites - und deren Inhalten - den informativen, multimedialen und interaktiven Angeboten. Einen Überblick über die konkreten Formen geben die Abbildungen 1 und 2. 



Abb. 1: Online-Plattformen der Bundesregierung
In einer Online-Befragung wurden Nutzungshäufigkeiten von Regierungs-kommunikation im Internet ermittelt, um so einen Überblick über das generelle Interesse an derartigen Angeboten zu erhalten. Zudem sollten die verschiedenen Motive herausgearbeitet und in einen Wirkungszusammenhang mit der Nutzung dieser Kommunikationsformen gebracht werden. Die Auswahl der Befragungsteilnehmer beschränkte sich auf Erstwähler aus dem Raum Berlin. Die Stichprobe umfasste 62 Personen im Alter zwischen 17 und 22 Jahren. Die Teilnehmer zeigten ein für diese Personengruppe typisches Mediennutzungsverhalten mit hohem Internetkonsum und einer Vorliebe für Soziale Netzwerke. 


Abb. 2: Klassifikation der Angebotsformen von Regierungs-
kommunikation im Internet

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten ein eher mangelndes Interesse an Plattformen und Angeboten der Bundesregierung im Netz (siehe Abbildung 3). Die Hauptwebsites bundesregierung.de und bundeskanzlerin.de werden nur selten frequentiert - 92 Prozent der Befragten nutzen diese nie. Die Seiten der Bundesministerien nutzen immerhin ein Viertel und die verschiedenen Kampagnenseiten knapp 20 Prozent. Die Profilseiten auf sozialen Netzwerken und der YouTube-Kanal der Bundesregierung konnten kaum nennenswerte Ergebnisse hervorbringen.

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Abb. 3: Häufigkeit der Nutzung von Online-Plattformen der Bundesregierung (Angaben in Prozent)


Auch für die Inhalte fallen die Resultate ähnlich aus (siehe Abbildung 4). Fast 40 Prozent der Befragten rufen zumindest selten Informationen zu Themen und Fachgebieten ab. Immerhin 16 Prozent der jungen Erwachsenen lesen gelegentlich Pressemitteilungen. Vereinzelt werden einige der informativen Angebote auch wöchentlich oder täglich genutzt, aber der Großteil interessiert sich offenbar nicht dafür.

Multimediale Angebote werden von gut sechs Prozent der Teilnehmer täglich aufgerufen und der Merkel-Podcast wird von immerhin 13 Prozent selten genutzt. Bei den interaktiven Angebotsformen fällt einzig der „Gefällt-mir-Button“ von Facebook mit 25 Prozent seltener oder monatlicher Nutzung ins Gewicht. Insgesamt scheint also das Interesse an Online-Regierungskommunikation eher gering zu sein oder das Angebot ist einfach nicht bekannt.

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Abb. 4: Häufigkeit der Nutzung von Online-Angebote der Bundesregierung (Auswahl; Angaben in Prozent)
Die Auswertung der Motivanalyse brachte einige neue und unerwartete Erkenntnisse, konnte aber auch Annahmen der Untersuchung bestätigen. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die herausgearbeiteten Motivdimensionen. Information und Unterhaltung stellten sich als wichtige Motive der Nutzung von Regierungsangeboten im Internet heraus. Auch Politische Kommunikation als eine Form der sozialen Interaktion erwies sich als bedeutendes Nutzungsmotiv. Zudem konnte die Annahme bestätigt werden, dass das Interesse an technischen Neuheiten und Popularität ebenfalls Gründe für die Nutzung von Online-Angeboten der Bundesregierung darstellen.

Übersicht

Abb. 5: Nutzungsmotive der verschiedenen Angebotsformen der Regierung im Internet
Hinsichtlich der Relationen von ermittelten Motiven und der Nutzung der verschiedenen Angebotsformen stellte sich zum einen heraus, dass entgegen der Annahmen kein großer Zusammenhang zwischen dem Unterhaltungsbedürfnis und dem Konsum des Multimediarepertoires der Bundesregierung besteht. Zum anderen stehen Popularität und die Nutzung von Fotos und Videos in einem positiven Zusammenhang. Anscheinend steigert das Veröffentlichen jener Inhalte auf sozialen Netzwerken die Beliebtheit im Freundeskreis.

FAZIT 


Die Analyse bestätigte den jungen Menschen ein mangelndes Interesse an Online-Angeboten der Bundesregierung. Dennoch wurden wichtige Motive herausgearbeitet, die die Regierungskommunikation bedienen könnte.

Ein Hauptproblem der Angebote im Netz stellt deren primäre Ausrichtung auf die eigene Repräsentation und die simple Informationsweitergabe dar. Es fehlt an interaktiven Funktionen, die den jungen, interessierten Bürger tatsächlich am politischen Geschehen teilhaben lassen. Das Internet bietet heute so viele Möglichkeiten der aktiven Mitgestaltung, derer man sich zukünftig mehr bedienen sollte.


Autorin: 
 
Madlen Leukefeld

Madlen Leukefeld, M.A. studierte Medien und Politische Kommunikation an der Freien Universität Berlin. Die vorliegenden Ergebnisse sind Auszüge aus ihrer Masterarbeit „‘Erstwähler und Regierungskommunikation‘ Eine quantitative Analyse der Motive für die Nutzung von Online-Angeboten der Bundesregierung“ vom Oktober 2013.
Twitter: @MadlenLeukefeld 






 

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