Wahlbeobachter in den Medien

Montag, 14. April 2014

So viel Hip Hop war noch nie in der deutschen Politik

Gerne erinnern die Medien an eine Zeit, als Vize-Kanzler Sigmar Gabriel noch Bundespopbeauftragter der alten Tante SPD war. Von vielen Journalisten, Politikern und Beobachtern in der "Berliner Republik" wird er auch heute noch liebevoll - in Anlehnung an Iggy Pop - "Siggy Pop" genannt.

Soweit so gut, die 90er Jahre sind aber leider heute nur noch ein Eintrag im Geschichtsbuch. Nur gut, dass Jan Böhmermann und das neo magazin das musikalische Erbe dieser Zeit hochhalten.



Welche Musik gibt heute in der Politik den Ton an? 


Ich habe den Verdacht, dass es der salonfähig gewordene Hip Hop ist.
Beweise gefällig?

Portraitfoto mit Hoodie
Robert Bläsing (FDP)
Bereits seit dem Jahr 2011 fungiert der Hamburger FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Robert Bläsing neben seiner Funktion als Vorsitzender des Europaausschusses, auch als "hiphoppolitischer Sprecher" der Hamburgischen Bürgerschaft.

Was war passiert? In einer Rede, in der er das sogenannte "Pay as you go"-Prinzip  erläuterte, zitierte er zu bessereren Verständlichkeit die Hiphop-Combo Absolute Beginner feat. Das Bo, Samy Deluxe, Dendemann, Ferris MC, Eins Zwo und ihr Lied "K2".


Im Lied "K2" heißt es wörtlich:
Ich hab ´n Mikroskop gib mir dein Telefon
du kriegst ´n Teleskop zurück dann hab ich auch ´n Mikrofon
Und genau diese Zeilen waren Teil der Haushaltsrede von Robert Bläsing.
Die ganze Geschichte habe ich hier aufgeschrieben
 
Joschka Langenbrinck (SPD)
Das man Politik und Rap miteinander verbinden muss, um an ganz neue und politikferne Zielgruppen ranzukommen hat auch der Berliner SPD-Politiker Joschka Langenbrinck erkannt. Der Neuköllner sitzt im Abgeordnetenhaus und kümmert sich dort schwerpunktmäßig um das Thema Bildung.

Und genau bei dieser setzt er auf den Hip Hop in Person des Rappers Can Benici a.k.a. Exxar. So unter anderem beim Projekt "Hip Hop macht Schule", dass er unterstützt und bei der Abschlußpräsentation Politik und Sprechgesang mixen lässt



Das man mit Rap aber nicht nur kleine Kinder begeistern kann, sondern auch den politischen Gegner derbe dissen kann, zeigt ebenfalls die SPD. Nach dem sensationellen Boxball-Video von Andrea Nahles im letzten Bundestagswahlkampf gibt es nun etwas Neues aus dem SPD-Parteivorstand Sven Haetscher, Mitarbeiter im Onlineteam der SPD, postete vor wenigen Tagen dieses 10 Sekunden Martin Schulz vs. Jean-Claude Juncker-Kleinod-Battle auf Instagramm.

 
Quelle: 16bars.de/
Bastian Fleig
Und nicht nur im Wahlkampf ist der Rap bei der SPD angekommen, sogar in der Exekutive hat er sich breit gemacht. Seit Februar 2014 spricht ein ehemaliger Rapper für den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Finanzminister von Baden-Württemberg. Nils Schmid (SPD) hat sich mit Bastian Fleig einen waschechten "Goldstandard" ins Team geholt. Bin gespannt, wann die erste Pressemitteilung im Versmaß erscheint.  





Holger Burner (Die LINKE.)
Nicht ganz so erfolgreich sind die Rapper bei den Linken, im Jahr 2011 kandidierte der "linksextreme Gewaltrapper" Holger Burner für Die LINKE bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen. Dies erzeugte zwar einige uncharmante Diss-Reflexe bei der CDU, aber die extremen Reime reichten am Ende nicht für einen Platz im Hamburger Landesparlament. Wobei ich ein Battle Burner vs. Bläsing durchaus interessant gefunden hätte. 



Quelle: hiphop.de
Vorschag Wahlplakate von hiphop.de
Aktuell versucht Martin Stieber, 50 Prozent der legendären Stieber Twins, die zu den Urvätern des deutschen Rap zählen, in der Politik Fuß zu fassen. Er kandidiert für Die Grünen bei der anstehenden Kommunwahl in Heidelberg auf Platz 44 der Stadtratsliste. Bereits 2009 kandidierte er auf der Liste "generation.hd" erfolglos für das Kommunalparlament. Die 3585 Stimmen reichten damals nicht für einen Sitz im Stadtrat seiner Heimatstadt. 

Was Sozen, Linke und Grüne können, das kann die CSU natürlich schon lange, dachte sich deren Kandidat Fabian Giersdorf und veröffentlichte im letzten Kommunalwahlkampf, das über die Grenzen von Roth bekannt gewordene "Chabo"-Plakat. Ich lasse es einfach mal so wirken. (Quelle: kraftfuttermischwerk.de)

Fabian Giersdorf (CSU)
Und noch ein letztes Beispiel von Politik und Rap: Auch die FDP aus NRW setzte im letzten Landtagswahlkampf 2012 auf Hip Hop und den Künstler Jaice. Dieser durfte in einer gelben Trainingsjacke "Mein NRW" besingen. Leider ist das Video nicht mehr abrufbar. Entweder Jaice oder die FDP können sich damit wohl nun nicht mehr identifizieren?


Gibt es noch weitere schöne Beispiele, wo Popkultur auf politische Popbeauftragte trifft und Hip Hop parteipolitisch wird?

Ach ja Bushido und seine PR-trächtigen Zeilen über Gewaltphantasien und Politiker habe ich hier bewusst nicht erwähnt.


 



2 Kommentare:

  1. Martin Stieber tritt bei der Kommunalwahl in Heidelberg an ;)

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  2. Lieber Igor,

    vielen Dank für den Tipp, das ist ja geil. Werde ich gleich mal ergänzen. Großartig!

    Martin

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