Zeit sich die Kommunikation der Landesregierungen einmal genauer anzuschauen und zu analysieren. Heute:
Die Landesministerien bei Facebook
Von den 142 Landesministerien nutzen (Stichtag 11. August 2014) 26 mindestens einen Facebook-Account. Die meisten facebookenden Exekutivorgane gibt es im Freistaat Sachsen, im Freistaat Thüringen, dem Saarland sowie im Freistaat Bayern und in Hessen: Hier sind vier (Sachsen, Saarland, Thüringen) bzw. jeweils drei Ministerien bei Facebook präsent.
Bisher noch nicht bei Facebook vertreten sind die Ministerien/Senatskanzleien aus Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.
Das Ranking aller Facebookseiten der Landesministerien finden Sie bei Pluragraph.de.Dort finden Sie auch die Wachstumskurven der Accounts von Facebook, Twitter und Google+.
Die erste Besonderheit gibts gleich bei der größten Facebookseite aller Landesregierungen.
Facebook-Seite Landesregierung Baden-Württemberg |
In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,
Pluragraph.de-Profil des Bayerischen Lebensministeriums |
Wie hat das Ministerium dies geschafft?
Durch Kontinuität und Bilder. Es gibt fast täglich ein Posting, meistens sogar mit einem Bild (Fotos von der bayerischen Natur, Ministeriums-Aktivitäten, Collagen). In jedem Posting findet sich neben dem Text auch immer ein Link zu weiteren Informationen. Das ist ordentlich gemacht und seriös. Richtig prickelnd ist es aber nicht.
Bis Ende April 2013 fand ein starkes Fanwachstum statt, seitdem hat man aber wieder ca. 200 Fans verloren. Lustigerweise firmiert das Ministerium bei Facebook noch als Lebensministerium, seit Oktober 2013 sind die Aufgaben in der Staatsregierung aber neu verteilt und den Begriff Lebensministerium gibt es so nicht mehr.
Richtig viel Interaktion findet leider nicht statt. Wenige Likes, wenige Kommentare und wenige geteilte Beiträge sprechen nicht unbedingt für eine große Reichweite. Die aktuelle Interaktionsrate liegt bei 1,7 Prozent. Es wird fast nur gesendet und wenig gefragt. Man erfährt viel über die schöne bayerische Natur, aber man hat nicht den Eindruck, dass das Ministerium an Ideen, Meinungen und Feedback der Bürger interessiert ist.
Zarte Pflanze Dialog bei der SENBJW auf Facebook |
Titelbild Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege |
Minister und Staatssekretärin des MBK bei der Arbeit |
Ministerin Heike Taubert (SPD) ist die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten im Thüringer Landtagswahlkampf. Deshalb taucht sie warscheinlich auch sehr oft auf der Fanseite des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit auf. Ansonsten finde ich die Seite gar nicht schlecht gemacht, besonders lobenswert ist der aktive Einstieg in Dialoge auch bei kritischen Kommentaren. Die Seite existiert erst seit dem 04. Juni 2014; deshalb haben bisher erst 123 Fans den Weg zum Ministerium gefunden.
Erst seit Mai 2014 ist das Thüringer Innenministerium mit einem Aufritt bei Facebook dabei. Und macht es für den Anfang gar nicht so schlecht. Aktuelle Einblicke in die breiten Themenfelder des Ministeriums, gut aufbereitete Fotos und auf Fragen wird umfangreich via Kommentar geantwortet - jedenfalls auf einige. Was mir besonders gefällt: Klare Kommentierregeln, zu Veranstaltungen wird auch auf Facebook eingeladen und namentlich genannte Ansprechpartner im Infokasten. Das kommt auch bei den Thüringern an: Kein Ministerium hat bisher mehr Fans im Freistaat. Trotzdem ist deren Zahl noch stark ausbaufähig.
Facebookseite Sächsische Staatskanzlei - Hochwasser-App |
Die Hessische Landesegierung macht es ähnlich und hat sich entschieden die Regierungskommunikation mit der Landeskommunkation zu verbinden. Die Facebookseite hessen.de bündelt sowohl Informationen des Bundeslandes als auch der Regierung. Aufgrund der Vermischung habe ich mich an dieser Stelle aber gegen eine Analyse entschieden.
Im Süden des Landes lebt die Servicementalität. Beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gibt es viele nützliche externe Links zu aktuellen Debatten und zu Tipps & Tricks rund um den Verbraucherschutz. Damit wird das Ministerium auch nach außen als Experte sichtbar. Nachahmenswert. Regelmäßige Postings sorgen für Kontinuität aber besonders oft geliked werden diese nicht. Es fehlt auch hier leider der Wille die Fans stärker aktiv mit in die Seite einzubinden.
MWFK-Facebookposting |
Thematisch bunt gestaltet das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes seine Facebookseite. Neben obligatorischen Ministerbildern gibts auch Einblicke ins Ministerium und ab und zu eine kulinarische regionale Empfehlung. Aber auch hier warten unzählige Chronikpostings von Fans auf eine Antwort des Ministeriums. Dialog geht anders.
Sehr ähnlich gehts bei der saarländischen Kollegin Anke Rehlinger (SPD) und auf der Facebookseite ihres Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr zu. Wobei ich hier eine Sache gesehen habe, von der ich dachte, sie wäre schon ausgestorben: Postings, die nur aus einer Link-URL bestehen. Wo ist die Information? Was will das Ministerium seinen Fans damit sagen? Und warum sollen Fans den Link klicken? Immerhin scheint die Arbeit anzukommen, die Nutzer bewerten die Seite mit 4,1 (von 5). Oder waren das die Social-Media-Redakteure?
Laaaaaangweilig. Vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat des Social-Media-affinen Ministers Markus Söder (CSU) hatte ich etwas mehr erwartet. 99 Prozent der Inhalte sind sterbenslangweilige Pressemitteilungen, die 1:1 auf Facebook gepostet werden. Ab- und an gibts einen Ministeriums-fremden Artikel, aber nur wenn der Minister darin auf dem (Achtung!) Markusplatz sitzt. Spannender Statistik-Aspekt: Die meisten Fans kommen aus Nürnberg, der Heimat des Ministers.
Facebookpostings des Wirtschaftsministeriums NRW |
Ganz ähnlich sieht die Fanseite des Ministeriums für, Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie in Schleswig-Holstein aus. Twitter meets Facebook. Finde ich nicht so gelungen. Das sehen die norddeutschen Fans ähnlich, seit Dezember 2013 gibts fast kein Fan-Wachstum mehr.
Kein Posting ohne Staatsminister. Man merkt, dass auch im Freistaat Sachsen der Wahlkampf begonnen hat. Auf der Seite des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr gibts fast täglich ein Posting und immer ist Minister Sven Morlok (FDP) auf den Bildern zu sehen und fast immer ein Band, was durchgeschnitten werden musste. Erinnert sehr stark an Kim Jong-Un looking at things.
Auch wenn sich das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz auf Facebook viel Mühe gibt (z.B. definierte Milestones zur Geschichte des Ministeriums, umfangreiche Informationen auf der Info-Seite, viele audiovisuelle Inhalte in der Chronik, gut sortierte Fotoalben), ist die Wahrnehmung in Sachsen nicht sehr groß. Bisher interessieren sich erst 271 Bürger dafür, was das Ministerium postet. Eventuell liegt das auch an den vielen redundanten und langweiligen "Ministerin Christine Clauß looking at Things"-Fotos?
Symbolfoto: Klassisches Posting des Thüringer Wirtschaftsministeriums |
Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ist sogar mit drei Facebook-Accounts unterwegs, allerdings sind diese nur projektbezogene Seiten. Das Ministerium als Organisation hat leider keine eigene Facebook-Fanseite.
Einigen Ministerien ist die Lust auf Facebook schon wieder vergangen. Die Hessische Staatskanzlei hat ihre Kommunikation auf Facebook im Jahr 2012 wieder eingestellt - die Seite existiert aber noch. Im Januar 2014 beendete zudem das saarländische Europaministerium und kurz darauf auch das Sächsische Staatsministerium der Justitz und für Europa ihre Postingaktivitäten bei Facebook. Vorerst?
Facebookseite Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr |
Hier wurde nach der Einrichtung der Fanseite noch kein einziges Posting veröffentlicht.
In diesem Fall würde ich den Betreibern immer raten: Entweder mit der Kommunikation zu starten oder die Fanseite wieder zu löschen bzw. ersteinmal zu deaktivieren. Mit der Existenz der Seite weckt man nur Erwartungen der Bürger/Journalisten, die man dann nicht erfüllen kann. Dies führt eher zu Frustration als zu einer verbesserten Außendarstellung der Exekutive.
Fazit
Bei aktuell ca. 26 Millionen deutschen Facebook-Nutzern sieht man, dass bei den Fanzahlen und der erzielten Reichweite vieler Ministerien noch einiges an Potential brach liegt. Auch wenn es gerade für (Regierungs-)Organisationen schwieriger ist soziale Netzwerke für den Bürgerkontakt zu nutzen, als z.B. für Prominente, Satire-Webseiten oder Katzenbilder bin ich überzeugt, dass vieles hier noch optimierbar ist.
Die gut gemachten Beispiele existieren ja auch in Deutschland. Siehe oben. Ich würde mich freuen, wenn sich alle Ministerien von diesen inspirieren lassen würden. Auf gehts!
Und noch eine Leseempfehlung: Christiane Germann, Social-Media-Managerin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat einmal zusammengetragen welche Inhalte auf Fanseiten von Behörden Fans begeistern.
Hessen kommuniziert übrigens auch noch über Facebook. Ihre verlinkte Seite ist auch in diesem Fall falsch. Da überprüfe ich den Rest lieber erst gar nicht... Besser mal ins Impressum der FB-Seite schauen. Regierungsbehörden sind nämlich verpflichtet, eins anzugeben...
AntwortenLöschenLieber Anonym,
AntwortenLöschenvielen Dank für Deine/Ihre Anmerkungen zum Blogpost, über die ich mich sehr gefreut habe. Wie im Posting bereits ganz zu Beginn klar deutlich gemacht, habe ich auf die Analyse der Bundesländer-Facebookseiten (die von den Staatskanzleien v.i.s.d.p.verantwortet werden) verzichtet, da die Inhalte nicht reine Landesregierungsinhalte sind. Es handelt sich hier um allgemeine Facebookseiten der Bundesländer bzw. des Bundesländermarketings. Der Vergleich mit reiner Regierungskommunikation ist da nur schwer möglich.
Nobody is perfect.
Danke für den Hinweis zu Sachsen.
Hier habe ich leider die falsche Seite betrachtet.
Habe dies soeben im Blogpost geändert und deutlich gemacht.
Bei Hessen ringe ich noch mit mir, da auch auf dieser Seite vieles vermischt wird. Die Staatskanzlei-Seite ist weiterhin inaktiv.
Freue mich über weitere (konstruktive) Hinweise.
Martin Fuchs
Folgendes fällt mir zu der Untersuchung und der Interpretation ein. Nur Anmerkungen, vielleicht liege ich ja falsch...
AntwortenLöschenWie häufig bei solchen "Webseiten"-Zählungen gibt es methodische Untiefen, die entweder gewollt sind oder aus der Unkenntnis des Verwaltungsaufbaus heraus entstehen. In vielen Bundesländern laufen Aktivitäten, die von praktischer Relevanz für Unternehmen und Bürger sind, in den nachgeordneten Landesbehörden, wenn nicht sogar auf kommunaler Ebene. Insofern verwundern die "Angebote" der Landensministerien nicht und auch das geringe Interesse nicht. Aus ihrer Rationalität heruas besteht jenseits des Wahlkampfgedöns in vielen Landesministerien kein Gefühl dafür, was wirklich interessiert, zudem wird immer die Zuständigkeitsfrage gestellt...
Lieber Anonym,
Löschenvielen Dank für Ihre Hinweise und die Ergänzung der Interpretation.
Da ich seit über 10 Jahren einen sehr guten Einblick in die Verwaltung und deren Strukturen habe, erlaube ich mir ab und an auch eine Meinung zu den Kommunikationsaktivitäten ;) Die Analyse ist keine Wissenschaft, auch klar.
Ich bin der Letzte, der von einem Ministerium einen Facebook-Account erwartet. Lieber bin ich da bei Ihnen und denke, dass es teilweise andere & bessere Wege zur Kommunikation z.B. auf anderen Ebenen gibt.
ABER: Wenn man sich für die Nutzung entschieden hat und die strategische Entscheidung gefalllen ist, sollte man dann die Kanäle auch RICHTIG nutzen. Das ist mein Ansatzpunkt.
Beste Grüße
Martin Fuchs
Sehr guter Artikel. Zeigt deutlich die Stärken und Schächen von Social Media Angeboten der Exekutive auf Landesebene auf. Die Interaktionsrate ist sicherlich ein guter Gradmesser. Meine Frage dazu: Wie wird die Rate definiert und bestimmt?
AntwortenLöschenBeste Grüße
Lieber Anonym,
Löschenvielen Dank für das Lob. Auch wenn ich einen Klarnamen motivierender für eine Antwort fände, kurz zur Interaktionsrate. Diese errechnet sich sehr einfach.
Über die Facebook-Graph-API frage ich den "Talking abouts"-Wert ab.
Und den teile ich dann durch die aktuelle Anzahl der Fans = Interaktionsrate.
Fuchsige Grüße
Martin