Wahlbeobachter in den Medien

Mittwoch, 4. Februar 2015

Social Media im Bürgerschaftswahlkampf: Wie nutzen die Kandidaten Facebook?

Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Jan-Hinrik Schmidt und Christoph J. Beyer vom Hans-Bredow-Institut Hamburg. Er ist der zweite Teil einer Reihe von Analysen und Ergebnissen eines Forschungsprojektes zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2015 in Zusammenarbeit mit Prof. Thorsten Faas (Universität Mainz), dem Portal PolitikTweetsHH sowie dem Hamburger Wahlbeobachter. 
 
Logo des Hans-Bredow-Institutes
Vor einer Woche haben wir Ergebnisse einer ersten Bestandsaufnahme der Social-Media-Aktivitäten von Kandidierenden zur Hamburgischen Bürgerschaft vorgestellt und uns dabei auf Twitter konzentriert. In diesem Beitrag fassen wir nun analog Daten mit Bezug auf Facebook knapp zusammen. Erneut gilt: Diese Befunde sollten und dürfen nicht überinterpretiert werden. Sie stellen eine Momentaufnahme dar, und es ist nicht davon auszugehen, dass eine Facebook-Präsenz (oder ihr Fehlen) für sich genommen dazu führt, dass sich die Wahlchancen einer Person verbessern. Wir wollen auch kein Ranking aufstellen, nach dem Motto „Partei xy hat die meisten Profile und ist Social-Media-Champion“. Vielmehr sehen wir diese Bestandsaufnahme als ersten Schritt an, um die im Wahlkampf eingesetzten Medienrepertoires zu beschreiben und davon ausgehend zu untersuchen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen einzelnen Kandidierendengruppen bestehen.

Kreisdiagramm
Infografik Nutzung von Privatprofilen und Fanseiten im Wahlkampf
Zur Erhebung der Facebook-Präsenzen wurde auf die Daten der Social-Media-Analyse-Plattform Pluragraph.de zurückgegriffen, die mit weiteren Recherchen (zum jetzigen Zeitpunkt aber erst stichprobenartig) ergänzt und gegebenfalls korrigiert wurden. Nicht überprüft wurde, ob der Facebook-Auftritt auch tatsächlich für Wahlkampfzwecke eingesetzt wurde. Zum Stand 29. Januar ergab sich folgendes Bild: Facebook ist unter den Kandidierenden – wie auch in der gesamten deutschen Onlinerschaft - deutlich weiter verbreitet als Twitter:

- 486 Kandidierende (54,8 %) haben ein persönliches Profil auf der Netzwerkplattform und
- 109 Personen (12,3 %) bieten eine Fanpage an.

Diese Gruppen überschneiden sich allerdings: 94 Personen (10,6 % aller Kandidierenden) haben beides, und nur 15 (1,7 %) beschränken sich auf eine Fanpage. In den folgenden Abbildungen werden jeweils drei Gruppen ausgewiesen:

- (1) Personen ohne Profil oder Fanpage (43,5 %, rot)
- (2) Personen, die nur ein Profil haben (44,2 %, blau) 
- (3) Personen, die eine Fanpage pflegen, was in den meisten Fällen beinhaltet, dass sie auch ein persönliches Profil besitzen (12,3 %, grün).

Balkendiagramm
Facebooknutzung zur Bürgerschaftswahl nach Alter & Geschlecht
Wie bereits bei der Analyse der Twitter-Profile zeigt sich, dass es auch in Hinblick auf die Facebook-Präsenz zwischen Männern und Frauen keine signifikanten Unterschiede gibt; in beiden Gruppen finden sich ähnliche Anteile. Aber erneut springt ein ausgeprägter Alterseffekt ins Auge: Je jünger die Kandidat/innen, desto weiter verbreitet ist die Facebook-Nutzung. Von den unter-50-Jährigen ist nur knapp ein Drittel (32,4 %) nicht auf Facebook, während bei den Personen über 50 Jahren die Nicht-Nutzer mit 57 Prozent in der Mehrheit sind.

Balkendiagramm
Facebooknutzung zur Bürgerschaftswahl nach Partei
Überdurchschnittlich viele Kandidierende mit Facebookauftritten finden sich bei der SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie bei den Neuen Liberalen, wo jeweils um die 70 Prozent auf der Netzwerkplattform aktiv sind. Die Kandidat/innen der SPD haben mit knapp 29 Prozent zudem den deutlich größten Anteil von Fanpages.
Bei CDU, FDP, Piratenpartei und der PARTEI sind jeweils etwa die Hälfte der Kandidierenden auf Facebook aktiv. Bei der LINKE und der AfD hingegen liegt der Anteil darunter bei etwa 40 Prozent.

 Unterscheidet man die Personen, die für einen der „großen“ Wahlvorschläge (20 Kandidierende und mehr) antreten danach, auf welcher Liste sie antreten, ergeben sich weitere Unterschiede. Von denjenigen Kandidierenden, die nur auf einer der insgesamt 17 Wahlkreislisten antreten, haben etwa die Hälfte (51,4 %) keinen Facebook-Auftritt. Zudem gilt: Je höher der Listenplatz auf der Wahlkreisliste, desto größer die Wahrscheinlichkeit, diese Person auf Facebook zu finden (pearson’s r = ,148). Unter den Kandidierenden auf den Landeslisten sind hingegen nur um die 30 Prozent nicht bei Facebook aktiv. Hier gibt es keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Listenplatz.

Balkendiagramm
Facebooknutzung zur Bürgerschaftswahl nach Wahlkreis
Auch der Blick auf die Verteilung in den einzelnen Wahlkreisen ist möglich: Der Anteil der Nicht-Nutzer von Facebook unter den Kandidierenden ist in Wandsbek und Fuhlsbüttel-Alsterdorf-Langenhorn am Kleinsten (34 bzw. 36 Prozent), in Rahlstedt sowie im Wahlkreis Alstertal-Walddörfer hingegen am größten (etwa 61 Prozent).

Zu guter Letzt lassen sich die Befunde zur Twitter- und Facebook-Nutzung kombinieren. Knapp 40 Prozent der Kandidierenden sind auf keiner der beiden Angebote vertreten. Ein weiteres Drittel nutzt Facebook, aber Twitter nicht, während nur knapp vier Prozent den Microblogging-Dienst, aber nicht die Netzwerkplattform nutzt. Das verbleibende knappe Viertel der Kandidierenden hat sowohl ein Twitter- als auch ein Facebook



Kreisdiagramm
Überschneidung Nutzung von Facebook und Twitter unter den Kandidierenden zur Bürgerschaftswahl



Autoren

Dr. Jan-Hinrik Schmidt
Dr. Jan-Hinrik Schmidt ist wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung (Hamburg).








 

Christoph J. Beyer
Christoph J. Beyer studiert Soziologie (Master) an der Universität Hamburg und arbeitet als studentischer Mitarbeiter am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung.














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