Wahlbeobachter in den Medien

Dienstag, 7. April 2015

Die eigene (Partei-)Community – notwendig oder überholt?

Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Stefan Hennewig. Er ist Leiter des Bereiches Zentrale Aufgaben und Service bei der CDU Deutschlands.  In dieser Funktion ist er unter anderem verantwortlich für das Personal im Konrad-Adenauer-Haus und die teAM-Aktivitäten in den vergangenen Wahlkämpfen. 

Disclaimer: Vor einigen Wochen wollte der Autor dieses Blogs, Martin Fuchs Mitglied in einer geschlossenen CDU Facebook-Gruppe werden. Dieser Beitrittswunsch wurde abgelehnt, da die Gruppe ausschließlich für Wahlkämpfer vorgesehen ist und nicht für Wahlkampfberichterstatter. Gerne komme ich aber seinem Vorschlag nach, diesen Ansatz hier ein wenig zu erläutern.

Rote Schrift auf weißem Grund
Logo CDU Deutschlands
„Brauchen politische Kampagnen oder Parteien eine eigene Community? Oder reicht es nicht aus, einfach auf Facebook zu sein?“ Um ehrlich zu sein: Die Frage beschäftigt uns schon lange. 

Unmittelbar nach der ersten Obama-Kampagne 2008 waren alle dazu einzuholenden Stimmen noch recht eindeutig. Selbstverständlich brauche man eine eigene Plattform zur Organisation einer politischen Kampagne. Eine eigene Community sei zwingend erforderlich. Allein schon wegen der Organisation in Wahlkreisgrenzen und  wegen der vielen weiteren besonderen und vermeintlich einmaligen Funktionalitäten. Und eine eigene Community sei ja auch so etwas wie ein digitales Zuhause für die Anhänger. Im Zweifelsfalle würden sich nur hier die „Firefighters for Obama“ und die „Biker für Steinmeier“ aus der Deckung trauen. Vom Datenschutz mal ganz zu schweigen. 

Screenshot roteblogs.de (2005)
Bis dahin waren die Aktivierung und Koordinierung der Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer in Deutschland durchaus vielschichtig. Die wenigen – aber vorhandenen – Online-Volunteers im Bundestagswahlkampf 2002 wurden mangels sonstiger Alternativen noch über eine einfache E-Mailliste und Foren im Intranet organisiert. In 2005 kamen dann Blogs und Blogrolls hinzu (bei den Kollegen von der SPD) und eine Wahlkampfsimulations-Community bei der CDU. Anmeldungen zum damaligen teAM Zukunft wurden als Vorgänge im CDU-eigenen Citizen-Relationship-Management (CRM) erfasst und die Freiwilligen entsprechend selbst gewählter Interessen und Merkmale auf verschiedene Aktionsmöglichkeiten hingewiesen.

Aber in 2009 kam es dann zu einer vergleichsweise homogenen Struktur und alle Parteien in Deutschland haben recht aufwändige digitale Community-Angebote für die Organisation ihrer Wahlkämpfer vorbereitet und angeboten. Was das teAM-Deutschland-Netzwerk bei der CDU war, fand seine Entsprechung im Wurzelwerk der Grünen und dem SPD-net bei den Sozialdemokraten.
Screenshot team.cdu.de (2013)

Im Wahlkampf 2013 war die Entwicklung dann wieder etwas unterschiedlich. Während die SPD ihr Angebot noch deutlich ausgeweitet und differenziert hat, hat die CDU auf das bewährte teAM-Netzwerk zurückgegriffen. Die technische Plattform haben wir zwar von Joomla auf Drupal umgestellt und auch die Optik angepasst, an den Funktionalitäten aber nur wenig verändert. Ein guter Artikel zu den unterschiedlichen Ansätzen findet sich bei Politikwissenschaftler Dr. Andreas Jungherr (Text noch im Review.)

Wenn wir im teAM-Netzwerk Veränderungen vorgenommen haben, dann waren es eher bewusste Einschränkungen der Funktionalität innerhalb der Community. So haben wir zum Beispiel die Funktion, eigene Unterstützerkreise aufzubauen, beseitigt. Hintergrund dieser Überlegungen  war, dass Unterstützerkreise und vergleichbare Möglichkeiten in der Regel nur eine geringe Außenwirkung entfaltet haben. Eine Selbstbeschäftigung untereinander sollte vermieden werden. Deshalb unser Ansatz: Die Firefighter und Biker dieser Welt sollten künftig bitte all ihren Mut zusammen nehmen und ihre Unterstützung öffentlich auf Facebook, Instagram und – noch besser – im persönlichen Umfeld auf WhatsApp kund tun

Screenshot Interne DIWAK-Facebookgruppe der CDU
Und heute? Heute nutzen wir seitens der CDU eine stetig wachsende Gruppe auf Facebook. Die Gruppe wurde vom Konrad-Adenauer-Haus eingerichtet und steht allen offen, die für die CDU Wahlkampf betreiben möchten. Ganz gleich, ob das die Bürgermeister-Kampagne vor Ort ist, die nächste Landtagswahl oder die regionale Halbzeitkampagne in der laufenden Legislaturperiode. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Nahezu alle online aktiven Mitglieder unserer Partei sind auf Facebook erreichbar. Und wir sind für das Leben auf dieser Plattform nicht allein verantwortlich. Im Newsfeed ist immer etwas los ... und regelmäßig ist auch meine Partei dabei. Nicht nur mit den Postings der öffentlichen Angela Merkel- oder CDU-Seite, sondern auch mit ein paar Hintergrundinfos und Aktionsaufrufen aus der geschlossenen Gruppe für Wahlkämpfer. Auch zwischen den Kampagnen kann auf das hier versammelte Wissen zurückgegriffen werden. So wurde zum Beispiel dieser Text mit der Bitte um Feedback vorab in der Gruppe gepostet.  


Screenshot Interne DIWAK-Facebookgruppe der CDU:



Für die Mitglieder ergibt sich außerdem ein direkter Draht ins Konrad-Adenauer-Haus und zu den anderen hauptamtlichen Strukturen der Partei. Durch eine offene Handhabung der Redaktionsrechte können auch wahlkämpfende Landesverbände schnell und unkompliziert auf Helfer zugehen und zum Mitmachen einladen. Eine vergleichbare Dichte an Aktivität gibt es in den eigenen Netzwerken der Parteien in Deutschland nicht. Vielleicht ist das aber auch gar nicht erforderlich. Denn abgesehen von den wenigen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Politik und politische Kampagnenarbeit in Deutschland ein Ehrenamt. Dann erscheint es aber auch gerade richtig, wenn Organisationsformen für Wahlkampf dies berücksichtigen und – wie es sich für ein Ehrenamt gehört – neben dem sonstigen Leben, das sich digital eben auf Facebook, Instagram, WhatsApp und Co. abspielt, angeboten werden.

Vorläufiges Fazit


Nichts ist entschieden. Ob Facebook das Tool für die interne Koordinierung des Wahlkampfes 2017 sein wird ist unsicher. Wir haben 2009 erlebt, wie sich die Bedeutung der verschiedenen sozialen Netzwerke allein zwischen der Europawahl im Frühling und der Bundestagswahl im Herbst spürbar verschoben hat. Und auch wenn sich die Plattformentwicklung seitdem deutlich konsolidiert hat, ist eine ernsthafte Prognose für 2017 zum jetzigen Zeitpunkt reine Kaffeesatzleserei. Aber es könnte gut sein, dass die Zeit der großen, technisch eigenständigen Kampagnen-Communities bereits Geschichte ist.
An Alternativen wird bereits gearbeitet. 



Autor:


Dr. Stefan Hennewig
Dr. Stefan Hennewig ist Leiter des Bereiches Zentrale Aufgaben und Service bei der CDU Deutschlands. Er ist unter anderem verantwortlich für das Personal im Konrad-Adenauer-Haus und die teAM-Aktivitäten in den vergangenen Wahlkämpfen. 








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