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Soziale Netzwerkdienste sind wichtige Verweisstruktur
Informations- und Nachrichtenportale, soziale Netzwerkdienste wie
Facebook und Seiten für Videos/Hörbeiträge, wie z.B. Youtube, sind relevante
Quellen, wenn die befragten Jugendlichen sich über gesellschaftlich relevante
Themen informieren. Die Nutzung unterschiedlicher Online-Strukturen erfolgt dabei
überwiegend rezeptiv, d.h. Informationen zu lesen, zu hören, zu sehen. Deutlich
weniger Jugendliche verwenden die Online-Strukturen, um andere zu informieren,
indem sie selbst Beiträge erstellen, Beiträge anderer kommentieren, bewerten
oder weiterleiten. Insgesamt spielen jedoch soziale Netzwerkdienste für die
Jugendlichen die größte Rolle, wenn es um Tätigkeiten geht, die über die Rezeption
hinausgehen: Hier hat über die Hälfte schon einmal selbst themenbezogene
Beiträge verfasst und zwei Fünftel haben solche Beiträge schon einmal
kommentiert. Über ein Drittel hat dort einen Beitrag zum relevanten Thema schon
einmal an andere weitergeleitet. Auch wenn es pauschal darum geht, andere zum
Thema zu informieren, stehen soziale Netzwerkdienste ganz oben, gefolgt von der
direkten interpersonalen Kommunikation (wie z.B. chatten).
Politisch bereits stark interessierte Jugendliche sind in allen
Handlungsbereichen online deutlich aktiver als weniger interessierte
Jugendliche. Eine Ausnahme stellt die rezeptive Nutzung von sozialen
Netzwerkdiensten dar, die bei beiden Gruppen gleich stark ausfällt, was darauf
verweist, dass diese Struktur potenziell eine zentrale Verweisstruktur
darstellt, auf der politisch interessierte Jugendliche weniger interessierte
erreichen können – sofern sie miteinander vernetzt sind.
Abb. 1:
Vergleich verschiedener informationsbezogener Aktivitäten (Angaben „Schon
einmal gemacht“), Angaben in Prozent, N=1182
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Engagement im Internet
Befragt nach den Formen ihrer Engagement-Tätigkeiten zeigt sich, dass
sich die befragten Jugendlichen vor allem an solchen Formen beteiligen, die
relativ wenig Eigeninitiative und Aktivität erfordern. So ist sich der mit
Abstand größte Teil der Befragten online schon des Öfteren einer themen- oder
aktionsbezogenen Gruppe beigetreten. Gut ein Viertel der Befragten beteiligt
sich öfter an Diskussionen im Internet. Eine weitere Form relativ
niedrigschwelligen Engagements bilden Aufrufe zu Aktionen innerhalb oder
außerhalb des Internets.
Abb.2: Engagementbezogene Aktivitäten Jugendlicher im Internet Angaben in Prozent (N = 666); dreistufige Abfrage |
Charakterisierung des politik- und informationsbezogenen Medienhandelns
In der Studie wurden zudem vier verschiedene Handlungsmuster von
Jugendlichen in Bezug auf ihren Umgang mit politischer Information
differenziert:
Die ‚Rezeptionsorientierten‘
bringen sich in ihrem sozialen Umfeld durchaus themenbezogen in Diskussionen
ein und engagieren sich auch für bestimmte Themen, sie nutzen hierfür jedoch
keine Medien. Auf Soziale Netzwerkdienstes greifen sie nur zur Organisation
ihres Engagements zurück, nicht jedoch um sich mit Inhalten an eine irgendwie
geartete Öffentlichkeit zu wenden.
Die ‚Austauschorientierten‘
nutzen dagegen Medien – und hier in erster Linie soziale Netzwerkdienste –, um
sich im Austausch mit dem erweiterten sozialen Umfeld auf Themenrelevantes
aufmerksam zu machen, sich dadurch eine Meinung zu bilden und diese (zumindest
teil-)öffentlich zu vertreten.
Die ‚Journalistisch
Orientierten‘ lehnen Social Web-Angebote dagegen als Rahmen für die
Platzierung ihrer Beiträge ab, wenn sie sie auch nutzen, um auf ihre Werke
aufmerksam zu machen. Sie streben danach, andere durch eine professionelle
Themenaufbereitung fundiert zu informieren und sind dabei zwar auch, jedoch
nicht in erster Linie, thematisch motiviert.
Die ‚Zielgruppenorientierten‘ schließlich
nutzen Medien systematisch, um andere von ihrer themenbezogenen Position zu
überzeugen und wählen dabei diejenigen medialen Wege aus dem gesamten Spektrum,
die ihnen in Hinblick auf die Adressaten am erfolgreichsten erscheinen.
Aktivierung zum politischen Engagement?
Für die Frage nach den Möglichkeiten zur Aktivierung von Jugendlichen
für politische Themen und politisches Engagement erscheinen auf Basis der
Ergebnisse folgende Merkpunkte wesentlich:
- Soziale Netzwerkdienste bieten einen fließenden Übergang zwischen dem „Sich-informieren“ und dem „Sich-beteiligen“. Diese alltäglichen Medienhandlungsweisen der Jugendlichen sind in die Überlegungen zur Forcierung von Engagement und Beteiligung von Jugendlichen einzubeziehen, auch wenn sie sich zum überwiegenden Teil in kommerziell geprägten Medienstrukturen bewegen.
- Um Jugendliche für politische Themen im weiteren Sinn zu begeistern, müssen diese einen engen Bezug zu ihrer Lebenswelt aufweisen. Je direkter die Auswirkung von Entscheidungen das Umfeld der Jugendlichen trifft, desto eher entstehen ein Interesse am Thema und ein weiterführendes Engagement.
- Beteiligungsangebote sind daran zu messen, inwieweit Jugendliche sich ernst genommen fühlen und sie Resonanz auf ihre Meinungsäußerungen oder Aktivitäten erhalten. Dabei erscheint es wesentlich, Online-Aktivitäten und -Engagementformen eng mit weiteren Aktivitäten in den Sozialräumen der Jugendlichen zu verzahnen, damit die Jugendlichen sich als wirksam und wirkmächtig erfahren können.
Die komplette Studie zu diesem Gastbeitrag ist im Jahr 2014 auch als Buch erschienen. Mehr Informationen finden Sie hier.
Ein Interview mit Dr. Ulrike Wagner zur Studie auf Bayern5 können Sie hier hören.
Autorin:
Dr. Ulrike Wagner |
Dr. Ulrike Wagner ist
Direktorin des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.
Schwerpunkte ihrer Forschungsarbeit sind Medienkonvergenz und medialer Wandel,
Partizipation von Heranwachsenden in einer mediatisierten Gesellschaft,
Sozialisation mit und über Medien, Kinder- und Jugendmedienforschung in sozial
benachteiligten Milieus.
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