Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Mueller und Thomas Widenka. Beide gehörten dem Wahlkampfteam von Bürgermeister Marian Schreier (SPD) federführend an. Markus T. Mueller ist Student an der Universität Passau und Thomas Widenka an der LMU München.
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Bürgermeister Marian Schreier (SPD) |
Am 01. März 2015 wurde Marian Schreier im Alter von 25 Jahren in
der
Stadt Tengen zum jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister Deutschlands
gewählt. Anders als in Kommunalwahlkämpfen üblich, spielten Online-Kanäle in
Schreiers Kampagne eine entscheidende Rolle. Sein
Wahlergebnis von rund 71
Prozent zeigt: Auch im ländlichen Raum können Social Media zum Erfolgsrezept
avancieren. Und so schrieb ZEIT Online zwei Tage nach Schreiers Wahl:
„Wahlkampf kann der Junge“. Musste er auch, denn
sein Alter, seine Parteizugehörigkeit (SPD) und nicht zuletzt die Tatsache,
dass mit Robert Hein ein doppelt so alter, von der CDU unterstützter
Politikberater bereits vier Wochen früher seinen Wahlkampf eröffnet hatte,
sprachen im konservativen Süden Baden-Württembergs klar gegen ihn.
Strategische Überlegungen im Wahlkampf
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Facebook-Seite Marian Schreier |
Erstens, Reichweite generieren, aber wie?
Schreier war
gewissermaßen auf einen Online-Wahlkampf angewiesen, da er sich ohne
Führerschein in einer Flächengemeinde mit neun Teilorten wiederfand. Das
Problem:
Wie so oft im ländlichen Raum fand auch in Tengen politische
Kommunikation nicht online statt. Folglich musste Online-Reichweite zunächst
offline generiert werden. Deshalb lud Schreier die Wählerinnen und Wähler bei
klassischen Formaten wie Hausbesuchen oder seinen eigenen
Wahlkampfveranstaltungen explizit ein, ihm auf
seiner Facebook-Page zu folgen. Dadurch konnte mittelfristig ausreichend
Reichweite gewonnen werden, um Inhalte auch über Social Media kommunizieren zu
können.
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Einladung zur U30-Veranstaltung via Facebook |
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Resonanz auf die U30-Veranstaltung |
Zweitens,
war es für die Kampagne entscheidend, junge
Wählerinnen und Wähler über Facebook anzusprechen und diese Ansprache so zu
gestalten, dass aus Zustimmung Unterstützung wird. So konnte eine Altersgruppe
einbezogen werden, die sich über klassische Kanäle wie Mitteilungsblatt oder
Stammtisch schlicht nicht erreichen lässt. Häufig spielt die Jugend in
Bürgermeisterwahlkämpfen ohnehin keine Rolle, da sich viele Kandidaten von
vornherein am Klischee der politikverdrossenen und mobilisierungsresistenten
Jugend orientieren und dieser kleinen Wählergruppe (in Tengen ca. 10 Prozent
der Wahlberechtigten) kaum Beachtung schenken.
Schreiers Ansprache jedoch wurde
zum echten Game-Changer. Er initiierte eine Facebook-Gruppe, die den jungen
Tengenerinnen und Tengenern die Möglichkeit gab, direkt über Termin und Themen
einer U30-Veranstaltung abzustimmen. So
angesprochen,
entwickelte sich unter den jungen Wählerinnen und Wählern eine
Dynamik. Die Veranstaltung mit einer der am schwierigsten zu mobilisierenden
Zielgruppe wurde
zu der am besten besuchten Veranstaltung des Wahlkampfs.
Innerhalb der Facebook-Gruppe begannen sich Unterstützer zu formieren. Im
Gegensatz zu einem Facebook-Event wurde so aus der Gruppe eine veritable
Mobilisierungsplattform.
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Reichweite des Wahlkampftagesbuches |
Drittens, wollte Schreier seine Reichweite (mittlerweile
folgte ihm ca. ein Sechstel der wahlberechtigten Tengenerinnen und Tengener auf
Facebook) für die
Schlussmobilisierung nutzen. Kreiert wurde ein
Online-Wahlkampftagebuch, welches den Wählerinnen
und Wählern in Form eines
Facebook-Fotoalbums präsentiert wurde. Ziel des Tagebuchs war es dabei, sowohl
diejenigen Wählerinnen und Wähler nochmals zu aktivieren, welche den Wahlkampf
bereits verfolgt hatten, als auch jene, welche bisher noch keine
Berührungspunkte mit den Kandidaten hatten. Durch das
niedrigschwellige Format
eines Facebook-Fotoalbums konnte jeder
Tagebucheintrag als ein Foto aufbereitet und somit die
unterschiedlichen Zielgruppen oder Ortsteile separat angesprochen werden. So war es möglich
entweder das
Tagebuch als Ganzes oder einzelne Einträge zu liken, zu teilen oder auf mobilen
Endgeräten weiterzuverbreiten. Das Tagebuch konnte über die Facebook-Gruppe
rasch in Umlauf gebracht werden und die Ankündigung des Tagebuchs auf der
öffentlichen Kandidatenvorstellung sorgte zusätzlich für großes Interesse.
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Einblick in das Online-Wahlkampftagebuch: Eintrag zum Themenkomplex Tourismus |
Zum
Wahltag hatte das Tagebuch
innerhalb einer Woche fast 18.000 Post-Clicks und
über 60 Shares erhalten sowie mehr als
1.000
Personen erreicht (Wahlberechtigte insgesamt: rund 3.500).
Schließlich fand sich das Tagebuch nach der Wahl sogar im Studio der SWR-Landesschau wieder, als Schreier zusammen mit seinem
Amtsvorgänger Helmut Groß zu Gast war.
Lessons learned
Durch die große Hebelwirkung der Social Media-Integration,
wurde Facebook im Verlauf des Wahlkampfs zu einer festen Größe, die nun auch im
Hinblick auf die beginnende Amtszeit eine Möglichkeit bietet, nachhaltig mit den
Bürgerinnen und Bürgern in Dialog zu treten.
Nach diesen Erfahrungen lauten unsere Empfehlungen für den
Einsatz von Social Media in der kommunalen Arena daher:
- Langfristig denken, nicht mit der Tür ins
(Social Media-)Haus fallen und nicht für sich allein stehend einsetzen. Die
sinnvolle Kombination von offline und online Aktivitäten erhöht den Nutzen der
Offline-Klassiker im kommunalen Bereich beträchtlich.
- Sich der Zielgruppen bewusst werden und
frühzeitig die multiplizierenden Gruppen erreichen.
- Nachhaltige Formen der Kommunikation verwenden –
eine Facebook-Gruppe ist möglicherweise länger als Kommunikationskanal geeignet
(in beide Richtungen!), als eine Facebook-Veranstaltung.
Autoren
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Markus Mueller |
Markus Mueller war Mitglied des Wahlkampfteams von Marian Schreier. Dort war er u.a. verantwortlich für die Social-Media-Kampagne. Er studiert Governance and Public Policy im Master an
der Universität Passau.
Twitter: @ma_mu_te
Thanks for sharing such a nice piece of information with us.
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