Dies ist ein Gastbeitrag von Julia Marg und Mark Seibert. Julia Marg ist Social-Media-Managerin der Partei DIE LINKE und Mark Seibert ist Berater für Online-Kampagnen bei DIG/Plus, zuvor war er jahrelang für die Online-Kommunikation der Partei DIE LINKE zuständig.
Was ist,
wenn Nazis Beiträge kommentieren? Was ist, wenn wir von Facebook-Userinnen und
-Usern kritisiert werden – kann das dann jeder lesen? Solche und andere
Befürchtungen wurden in den Gremiensitzungen der LINKEN immer wieder laut. »Mut
zum Kontrollverlust« war deswegen die Überschrift, mit der das Internet-Team
der LINKEN im Wahljahr 2009 die Online-Aktivitäten der Partei zusammenfasste.
Logo DIE LINKE. |
Entwicklung Facebook-Fans DIE LINKE seit 2011 |
Das Konzept
übersetzte die »Offline«-Wahlstrategie der LINKEN ins Digitale – und passte
völlig unbeabsichtigt perfekt für Facebook: Eine dialogorientierte
Kommunikationshaltung, die permanente Einladung, am Aufbau der neuen Partei
mitzuwirken und eine aufklärerische, authentische, unmittelbare
Informationspolitik, die Facebook vor anderen Kanälen privilegierte.
DIE LINKE
begann 2009 damit, von Veranstaltungen sowie zu politischen Ereignissen und
Diskussionen live zu berichten. Kommentierungen, O-Töne, Fotos und Videos
wurden in einer zentralen Redaktion hergestellt, die eigentlich für die gedruckten
Medien zuständig war.
Titelbild der Facebookseite DIE LINKE |
Zusätzlich wurden die Grenzen des organischen Wachstums mit cleveren Anzeigenkampagnen überschritten, so dass zur vergangenen Europawahl binnen fünf Wochen mehr als 25.000 neue Fans gezählt werden konnten.
Beispiel für Beitragsreichweiten eines Facebook-Postings |
Rein instinktiv wurde so einiges richtig gemacht: Dialog auf Augenhöhe, authentische Informationspolitik, Beteiligung und konkreter Nutzen. Während Facebook-Seiten in der Regel zwischen acht und 15 Prozent ihrer Fans mit einem Beitrag organisch – also ohne Anzeigenschaltung – erreichen, sind es bei der LINKEN zwischen 70 und 130 Prozent. Das und 100.000 Fans ist das Ergebnis des Konzepts, seiner beharrlichen Umsetzung und der liebevollen bis detailversessenen alltäglichen Betreuung der Seite.
Hier einige Reaktionen zu einem Beitrag zur Unterstützung des Bahnstreikes:
Seit 2009 hat DIE LINKE eine volle Stelle für die Betreuung der Sozialen Medien, die Stundenweise von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt wird. Gemeinsam wird mit Mut zur Lücke und zur Zuspitzung - immer mobilisierend, mal humorvoll, mal ernst, mal informierend - auf Facebook agiert.
Das Internet schläft nie und von 100.000 Fans ist immer jemand wach. Schläft das Online-Team der LINKEN dann auch nicht? Wie funktioniert das mit wenigen Ressourcen? Unserer Erfahrung nach mit Planung, Eigenverantwortung, Vernetzung, Knowhow teilen und Teamarbeit.
Grundlage für das Tagesgeschäft ist ein Redaktionsplan, der monatlich im Vorfeld erstellt wird. Dort werden alle wichtigen Termine festgehalten und eingetragen, wann welcher Beitrag geplant ist und wer die Verantwortung hat. Dieser Plan ist kein Geheimnis. Er wird diskutiert, ergänzt, verworfen und manchmal neu geschrieben. Außerdem können hier bewusst Freiräume eingeplant werden, um tagesaktuell reagieren zu können. Dabei ist Schnelligkeit gefragt. Das funktioniert nur – gerade am Wochenende – wenn die Redakteurinnen und Redakteure Entscheidungsfreiheit besitzen. Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist dabei eine grundlegende Voraussetzung. Bürokratie und Social Media vertragen sich nicht, denn Beiträge können nicht immer bis ins Detail abgesprochen werden.
Klar ist aber auch: Eine solche Planung kann immer nur als Orientierung dienen, sie ist nicht in Stein gemeißelt. Aber sie macht die Planung transparent, hilft, alle wichtigen Aktivitäten im Blick zu behalten und ermöglicht erst eine Arbeit im Team. Und wir arbeiten im Team: Die Betreuung der LINKEN-Facebookseite ist nur in Schichten zu bewältigen. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen anderen Arbeitsschwerpunkt haben, unterstützen die Social-Media-Redaktion an Wochenenden und im Urlaubsfall. Zu großen Events wie Parteitagen oder Konferenzen wird ein Team von Ehrenamtlichen zusammengestellt. Solange die Veranstaltung läuft beantworten wir Fragen, halten die Fans auf dem Laufenden und diskutieren mit. Aber auch wir müssen mal schlafen. Nach 20.00 Uhr gibt es für niemanden im Team mehr die Pflicht zu reagieren.
Auch für die tägliche Arbeit setzen wir auf das Wissen in der LINKEN-Community. Durch regelmäßigen Mailverkehr, aber auch durch direkten Kontakt findet ein Austausch statt. Frei nach der Devise: Warum sollen gute Ideen im Verborgenen bleiben? So verbessert man die Qualität, bleibt auf dem Laufenden, erhöht die Reichweite und spart auch Ressourcen.
Unser Erfolg ist also kein Geheimnis. Habt Mut zum Kontrollverlust – aber mit Plan und viel Leidenschaft.
Autoren:
Julia Marg |
Mark Seibert |
Eigenlob.... Naja: Man riecht es.
AntwortenLöschenNaja, Eigenlob stimmt :-)
LöschenWer hat, der kann.
LöschenWenn man nicht selber von sich begeistert ist, warum sollten es dann andere sein?
AntwortenLöschenKomisch, dass da nicht drinne steht, dass genau dieser Mark Seibert als aller erstes seiner Facebook-Kampagnen entwicklung die schon bestehende Gruppe DIE LINKE kaputt gemacht hat und mit klagen drohte wegen verletzung der Markenrechte.
AntwortenLöschenWo sich DIE LINKE immer als "Mitmachpartei" darstellt und der Artikel auch genau auf diesem Image aufbaut wäre es doch mal ne wichtige Info, dass nur das Organisierte Mitmachen erlaubt ist ... dass aktive Sozialisten überhaupt erst einen Facebook Kreis aufbauten, ehe Mark überhaut Social-Media kannte wird lieber verschwiegen :(
Torben Schultz
Damals betroffener, heute immer noch für DIE LINKE aktiv