Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Jessica Kunert. Im
Juli 2015 hat sie ihr Promotionsverfahren an der Leuphana Universität Lüneburg abgeschlossen. In der Promotion untersuchte sie die Webseiten der Europaabgeordneten auf Transparenz-, Informations- und
Repräsentationsinhalte.
Logo Leuphana Universität Lüneburg |
Die
Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEPs) und die Bürger –
keine leichte Beziehung. Unverständnis für die Arbeit der
europäischen Abgeordneten ist vorherrschend. Was von der Arbeit der
MdEPs beim Bürger ankommt, hat häufig anekdotischen Charakter, man
denke an die Diskussion um die Form von Gurken. Oder die Nachrichten
ranken sich um Skandale, wie die BSE-Krise – ansonsten ist die
Berichterstattung in den Medien rar gesät. Das zeigt, dass die MdEPs
in der Wahrnehmung des Bürgers an untergeordneter Stelle stehen.
Dies ist auch an der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Europawahlen
zu sehen, die eine ähnliche Wichtigkeit haben wie lokale oder
regionale Wahlen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Der Apparat
der Europäischen Union ist wenig durchschaubar. Das Europäische
Parlament bildet keine Ausnahme, allein schon, weil drei verschiedene
legislative Verfahren nebeneinander benutzt werden. Auch die
Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ist besonders, da die
Abgeordneten verschiedene politische Kulturen und Sprachen in die
Arbeit des Parlaments einbringen. Außerdem sind die Wahlkreise des
Europäischen Parlaments um ein Vielfaches größer als die der
nationalen Abgeordneten, was einen direkten Kontakt zum Bürger
erschwert.
Webseite MdEP Julia Reda (Piratenpartei) |
Wie
schaut die Nutzung von persönlichen Webseiten in der Praxis für die
deutschen MdEPs (der Wahlperiode von 2009 bis 2014) aus?
Eine Webseite zu haben ist die Norm
Von den 99 untersuchten deutschen MdEPs hat nur ein Abgeordneter keine Website – aber dafür Facebook. Allein dies macht deutlich, dass die Onlinekommunikation für die Abgeordneten einen hohen Stellenwert hat. Der Vergleich mit den Bundestagsabgeordneten (MdBs) zeigt ähnliche Zahlen: von den 621 Abgeordneten hatten nur fünf keine Webseite.
Die Webseiten sind meist nur auf Deutsch gehalten
Webseite Reinhard Bütikofer (Bündnis 90/Die Grünen) |
Viele Webseiten zeigen vertiefende Informationen und machen Interaktionsangebote
Wie schaut es mit den Inhalten auf den Webseiten aus? Ein Inhaltstyp sind Elemente, die vertiefende Informationen zeigen und zur Interaktion mit dem Bürger beitragen, wie z.B. ein Weblog oder vertiefende Informationen zum Gesetzgebungsprozess, die durch Reden und Berichte verfügbar gemacht werden. Um einen ersten Eindruck zu geben, wurden diese Elemente, die unten im Einzelnen aufgeführt werden, zu einem Index zusammengefasst, dem Transparenzindex. Hierbei ist in den Grafiken zu sehen, dass sich die MdEPs und die MdBs in ihrem Gebrauch von Transparenzelementen nur wenig unterscheiden.
Abb 1. Transparenzindex Vergelich Europa- und Bundestagsabgeordnete |
Aufgeschlüsselt handelt es sich beim Transparenzindex um folgende Elemente:
Abb 2. Transparenzelemente der Webseiten einzeln aufgeschlüsselt |
Besonders auffällig ist, dass die MdEPs ihre eigene Arbeit und politischen Funktionen wesentlich häufiger auf ihrer Webseite erklären als die MdBs – was darauf hindeutet, dass die europäischen Abgeordneten besonders daran arbeiten, die Informationslücken in dieser Hinsicht zu schließen. Ein Weblog als Kommunikationsmittel wird dahingegen auf beiden politischen Ebenen kaum genutzt.
Fazit
Alles
in allem lässt sich sehen, dass eine persönliche Webseite ein von
den MdEPs häufig genutzter Kanal ist, auch im Vergleich mit den
nationalen Abgeordneten. Die eigene Sprache herrscht bei den
Webseiten vor, selbst wenn einige Teile von einer Minderheit auf
Englisch und andere Sprachen übersetzt werden. Bei den
Transparenzinhalten unterscheiden sich die MdEPs nur in Details von
den MdBs. Das bedeutet, dass die eigene Präsentation online für
beide politische Ebenen einen großen Stellenwert einnimmt. So kann
nicht nur die Abhängigkeit von den Medien reduziert werden, sondern
auch die Informationslücke zu den Wählern zumindest in Teilen
geschlossen werden.
Autorin:
Jessica Kunert |
Jessica Kunert ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Institut für Politikwissenschaft (Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre) an
der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg. Sie hat im
Juli 2015 ihr Promotionsverfahren an der Leuphana Universität
Lüneburg abgeschlossen. In ihrer Dissertation untersuchte sie die
Webseiten von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und nationalen
Abgeordneten auf Transparenz-, Informations- und
Repräsentationsinhalte.
eine website zu haben ist die Pflicht
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