Neben diesen Accounts haben mittlerweile aber auch alle Bundesländer eigene Facebookseiten aufgebaut. Doch wie erfolgreich nutzen die Länder den Kanal Facebook für den Dialog mit den eigenen Bürgern? Zeit für eine Analyse der 16 Bundesländer-Seiten auf Facebook.
Bevor es losgeht, zu Beginn eine Bestandsaufnahme der Seiten:
Berlin
Facebookseite Land Berlin |
Betreiber: Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH
aktiv seit: 28.10.1237 (sic!), (nehme an, sie meinen 04.04.2008, Tag des ersten Postings)
Fanzahl: 1.674.617
Verifiziert: nein
Hamburg
Facebookseite Freie- und Hansestadt Hamburg |
Betreiber: hamburg.de GmbH & Co. KG
aktiv seit: 08.04.2008
Fanzahl: 780.783
Verifiziert: nein
Freistaat Bayern
Facebookseite Freistaat Bayern |
Betreiber: Bayerische Staatskanzlei
aktiv seit: 02.08.2011
Fanzahl: 414.464
Verifiziert: Ja
Saarland
Facebookseite Saarland |
Betreiber: Staatskanzlei Saarland
aktiv seit: 26.11.2008
Fanzahl: 75.647
Verifiziert: nein
Niedersachsen
Facebookseite Reiseland Niedersachsen |
Betreiber: TourismusMarketing Niedersachsen GmbH
aktiv seit: 12.08.2009
Fanzahl: 53.155
Verifiziert: nein
Bremen
Facebookseite Hansestadt Bremen |
Betreiber: WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH
aktiv seit: 28.06.2010
Fanzahl: 47.438
Verifiziert: nein
Nordrhein-Westfalen
Facebookseite Land Nordrhein-Westfalen |
Betreiber: Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat „Kommunikationsplanung, elektronische Medien, vernetzte Öffentlichkeitsarbeit“
aktiv seit: 14.02.2011
Fanzahl: 31.945
Verifiziert: nein
Schleswig-Holstein
Facebookseite Schleswig-Holstein |
Betreiber: Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein - Staatskanzlei
aktiv seit: 24.05.2009
Fanzahl: 31.744
Verifiziert: nein
Baden-Württemberg
Facebookseite Baden-Württemberg |
Betreiber: Staatsministerium Baden-Württemberg, Referat Landesmarketing und Veranstaltungen
aktiv seit: 06.09.2011
Fanzahl: 19.138
Verifiziert: nein
Hessen
Facebookseite Hessen |
Betreiber: Hessische Landesregierung
aktiv seit: 31.05.2012
Fanzahl: 10.373
Verifiziert: nein
Sachsen-Anhalt
Facebookseite Sachsen-Anhalt |
Betreiber: Land Sachsen-Anhalt,
Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt
Presse- und Informationsamt
aktiv seit: 20.02.2013
Fanzahl: 7.759
Verifiziert: nein
Mecklenburg-Vorpommern
Facebookseite Mecklenburg-Vorpommern |
Betreiber: Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern, Landesmarketing MV
aktiv seit: 23.10.2013
Fanzahl: 5.971
Verifiziert: nein
Rheinland-Pfalz
Facebookseite Rheinland-Pfalz |
Betreiber: Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
aktiv seit: 09.01.2013
Fanzahl: 5.640
Verifiziert: nein
Freistaat Sachsen
Facebookseite Freistaat Sachsen |
Betreiber: Freistaat Sachsen,
Sächsische Staatskanzlei
aktiv seit: 15.03.2011
Fanzahl: 4.085
Verifiziert: nein
Freistaat Thüringen
Facebookseite Freistaat Thüringen |
Betreiber: Freistaat Thüringen,
Thüringer Staatskanzlei
aktiv seit: 15.03.2013
Fanzahl: 3.482
Verifiziert: nein
Brandenburg
Facebookseite Brandenburg |
Betreiber: Koordinierungsstelle "Tolerantes Brandenburg" der Landesregierung
aktiv seit: 15.04.2011
Fanzahl: 3.025
Verifiziert: nein
Diese Übersicht zeigt bereits sehr schön, wie unterschiedlich die Bundesländer Facebook nutzen. Abgesehen von den sich stark unterscheidenden Fanzahlen (die auch nur wenig über den Erfolg oder Misserfolg einer Seite aussagen), geben die Seitennamen und die jeweiligen Betreiber bereits Hinweise auf die unterschiedliche Ausrichtung.
12 von 16 Fanseiten werden direkt von den Landesregierungen bzw. deren Staatskanzleien betrieben. Die beiden Seiten mit der quantitativ größten Reichweite - Berlin und Hamburg - werden hingegen von Joint Ventures zwischen Staat und Privatwirtschaft verantwortet. Die Angebote von Niedersachsen und Bremen von staatlich betriebenen GmbHs. Politische Inhalte finden sich auf den Seiten der Stadtstaaten Berlin und Hamburg leider nicht, der Fokus liegt hier klar auf Unterhaltung und Veranstaltungshinweisen. Auch im Saarland und Bremen kommen politische Inhalte nur eher am Rande vor.
Die mit Abstand politischste Seite ist die des Freistaates Thüringen. Fast alle Inhalte drehen sich um die Arbeit der Landesregierung.
Die Seiten von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg sind als reine Landesmarketingseiten konzipiert und kommen ebenso komplett ohne politische Inhalte aus.
Das Land Brandenburg hat keine wirkliche Bundeslandseite, Tolerantes Brandenburg soll die Demokratie im Land fördern und hat somit ein sehr stark zugespitzes Kommunikationsziel.
Offiziell von Facebook verifiziert ist bislang nur die Fanseite des Freistaates Bayern, bei allen anderen 15 Seiten fehlt noch das blaue Häkchen, was die Seiten zu offiziellen Bundesländer-Seiten machen würde.
Noch ein Wort zur Geschichte der Fanseiten: Bereits seit dem 04. April 2008 existiert die Berliner Fanseite, kurz darauf ging auch die Hamburger an den Start, die jüngste Fanseite ist die Kampagnenseite aus Mecklenburg-Vorpommern, sie besteht seit Oktober 2013.
Dankenswerterweise hat Katja Feuerstein die Fanseiten aller Bundesländer im Juli 2015 (Erhebungszeitraum 06-27.07. 2015) während ihrer Tätigkeit für die Staatskanzlei des Saarlandes sehr intensiv analysiert. Ihr verdanke ich einen großen Datensatz, den ich nun folgend auswerte.
Wie aktiv sind die Seiten?
Im ersten Schritt haben wir die Postings im Erhebungszeitraum erfasst. Und siehe da: die Spanne reicht von 7 bis 55 Postings. Während auf der Hamburger Seite durchschnittlich fast zwei Postings am Tag veröffentlicht werden, mussten die Fans von Brandenburg und Schleswig-Holstein durschschnittlich fast drei Tage auf neue Inhalte warten.
Kontinuierlich zu posten ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei Facebook. Nur dauerhaft bespielte Seiten werden vom Algorithmus als wichtige Inhalte identifiziert und indiziert. Die Häufigkeit auch der weniger aktiven Bundesländer-Fanseiten sollte aber noch ausreichen, um den Algorithmus glücklich zu machen. Und zwei Postings am Tag sind auch ok. Auch wenn jeder Nutzer ein anderees Informationsverhalten hat, geht das noch als normale Frequenz durch.
Da Quantität aber bestenfalls etwas über den Fleiß, das Vorhandensein von (guten) Inhalten und über bestehende personelle Ressourcen aussagt, aber wenig über den Erfolg von Seiten, haben wir im zweiten Schritt geschaut, wie die Postings im Einzelnen bei den Fans angekommen sind.
Wie beliebt sind die Inhalte?
Noch nicht ganz so aussagekräftig - da durch die stark unterschiedlichen Fanzahlen verzerrt - sind die Werte "Anzahl der durchschnittlichen Likes pro Posting" und "Anzahl der durchschnittlichen Kommentare pro Posting". Beide Werte geben aber schon einen ersten Eindruck, wie beliebt die Inhalte der entsprechenden Seite sind bzw., wie stark die Inhalte dazu motivieren, Feedback zu geben, postiv wie negativ.
Wenig überraschend liegen in dieser Übersicht der absoluten Likes/Postings die vier größten Fanseiten auch in identischer Reihenfolge hintereinander. Bei knapp 1,7 Millionen Fans sind die 1128 durchschnittlichen Likes bei Berlin aber nicht sehr viel. Dies entspricht einer Like-Quote von 0,0006%. Zum Vergleich. Das Saarland kommt mit 384 Likes bei ca. 77.000 Fans auf eine stattliche Likequote von 0,05%. Das ist die mit Abstand beste Quote aller Bundesländer, setzt man die Fans ins Verhältnis zu den Likes pro Posting.
Auffällig wenig Likes in Relation zur Fananzahl gibt es auch in Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Andere Seiten in der Fan-Größenklasse erzeugen wesentlich mehr Likes, wie z.B. Bremen oder Schleswig-Holstein.
Politische Seiten wie die aus Thüringen oder Rheinland-Pfalz bekommen relativ gesehen nicht weniger Likes als reine Tourismusmarketing- und Unterhaltungsseiten. Politische Inhalte werden also genauso viel geliked wie Landschaftsaufnahmen oder Partyhinweise.
Nur wenige Bundesländer-Fanseiten werden bisher intensiv als Ort für Dialog und Austausch genutzt. Und das, obwohl die Kommentarfunktion eine der wichtigsten Dialogfunktionen bei Facebook ist. Sie wird aber so gut wie nicht genutzt. In acht Bundesländern gibt es durchschnittlich nur einen oder weniger Kommentare pro Posting. Die absolut meisten Kommentare gibt es wie bei den Likes auf den großen Seiten. Relativ gesehen sind diese dann aber auch wieder verschwindend gering. In Sachsen-Anhalt wird nur jedes dritte Posting überhaupt kommentiert, in Hessen und Brandenburg nur jedes zweite.
Die Angst vieler Mitarbeiter von Staatskanzleien, dass ein Dialogangebot automatisch viel Mehrarbeit bedeuten muss, können diese Zahlen widerlegen. Der Moderationsaufwand düfte über den Monat verteilt bei den meisten Seiten wenige Minuten umfassen.
Die Interaktionsrate
Eine lebendige Community ist im Grunde genommen ein Messinstrument für jede Social-Media-Plattform. Je höher die Interaktionsrate ist, umso mehr eigene Fans bekommen auch die eigenen Inhalte im Stream angezeigt. Deshalb sollte das Ziel jeder Facebook-Kommunikation - wenn man wahrgenommen werden möchte - eine hohe Interaktionsrate sein.
Die Interaktionsrate berechnet sich wie folgt:
Anzahl der Likes/Monat + Anzahl der Kommentare/Monat + Anzahl der Shares/Monat geteilt durch Anzahl der Fans
Studien zeigen, dass die größten 20 Marken in Deutschland durschnittlich eine Interaktionsrate von 0,31% haben. Bei Fanseiten über 100.000 Fans pendelt sie sich meistens bei 0,075% ein.
Beim ersten Rechnen dachte ich, ich hätte mich verrechnet. Nein, auch beim zweiten und dritten Versuch erzielte die Fanseite des Saarlandes die enorme Interaktionrate von 269 Prozent (sic!).
Das spricht für eine sehr agile und gut gepflegte Community, die überaus gerne mit der Seite interagiert.
Normal sind im Vergleich aber eher Raten zwischen eins und acht Prozent. Auch diese sind - vergleicht man sie mit den oben genannten Referenzzahlen - überdurchschnittlich hoch.
Überrascht haben mich auch hier die Seiten von Thüringen und Rheinland-Pfalz. Politische Inhalte scheinen eine erhöhte Interaktion zu fördern.
Die größte Fanseite hingegen hat fast die geringste Interaktionsrate, aber auch dies ist, wie beschrieben, nicht ungewöhnlich. Das Community Management wird allein schon mit den jetzigen Interaktionen genügend zu tun haben.
Wer wächst, wer schrumpft?
Zum Schluß noch einen Blick auf das Wachstum im Juli 2015.
Außer in Mecklenburg-Vorpommern, wo die beginnende Ferien- und Sommerzeit natürlich perfekt zur Landeskampagne passte, gabs nur sehr geringe Wachstumsraten.
Zwischen 0 und 0,5% bewegt sich das Wachstum aller Bundesländer. Mit Ausnahme der beiden größten Seiten. Sowohl Berlin als auch Hamburg haben im Juli sogar geringfügig Fans verloren. Bei Brandenburg und Schleswig-Holstein tat sich relativ gesehen weder etwas nach oben noch nach unten.
Das Wachstum der Bundesländerseiten ist also eher marginal.
Bei über 30 Millionen deutschen Facebooknutzern, von denen die meisten in mindestens einem Bundesland leben und zu mehreren persönliche Beziehungen haben, ist beim Wachstum und bei der Größe der Community noch sehr viel Potential nach oben.
Fazit
Wenn man den Erfolg der Facebookseiten mit qualitativen Kennzahlen misst, stehen das Saarland, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern am besten da. Abgesehen vom Saarland überzeugen interessanterweise also eher kleinere und jüngere Fanseiten als die etablierten und großen Fanseiten.
Mit Rheinland-Pfalz ist ironischerweise sogar ein Bundesland in der Spitzengruppe dabei, in dem dank regionaler Datenschützer sogar ein "Rückkanalverbot" existiert. Dieses verbietet Behörden und Verwaltung den Dialog z.B. auf Facebook. Trotzdem begeistert die Seite mit starker Interaktionsrate - auch ohne Feedback der Staatskanzlei in den Kommentaren.
Zudem zeigt sich, dass die meisten Fans auf den älteren Fanseiten zu finden sind. Und, dass sich politische Inhalte sehr positiv auf die Interaktionsrate auswirken. Ich hoffe, dass zukünftig noch weitere Bundesländer nicht nur Schönwetter-Fotos, Partytipps und Gewinnspiele auf Facebook posten, sondern ihre Bürger ernst nehmen und sie in die politische Kommunikation stärker einbinden. Thüringen macht vor, wie das geht.
Co-Autorin:
Katja Feuerstein |
kennt sie die alltäglichen Herausforderungen des Social Media-Marketings und Community Managements nur zu gut. Bereits in Ihrer Master-Thesis untersuchte sie die sich wandelnden
Formen traditioneller Literaturkritik im Web 2.0. und deren Beeinflussung durch große Online-
Versandhändler. Während des Studiums betreute sie die Webpräsenz eines Sportvereins.
Mehr zu Katja Feuerstein bei XING.
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