Donnerstag, 16. August 2018

Warum ich mich als Politiker gegen 30.000 Fake-Follower wehre

Dies ist ein Gastbeitrag des Bundestagsabgeordneten Dr. Lukas Köhler. Er sitzt für die FDP seit 2017 als Obmann im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, sowie im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. 

Screenshot
Twitter-Account von Dr. Lukas Köhler, MdB

Im September 2017 bin ich über die Landesliste der FDP Bayern erstmals in den Deutschen Bundestag eingezogen. Die Zeit seither ist mit vielen extrem spannenden, aber auch völlig neuen Erfahrungen verbunden. Mit zwei sehr großen Herausforderungen war ich gleich ganz am Anfang meiner Zeit in Berlin konfrontiert: Wie bediene ich ein Faxgerät – das wichtigste Kommunikationsmittel im Bundestag? Und wie gehe ich mit Fake-Followern auf Twitter um?

Denn Ende Oktober fing es plötzlich an. Mein Twitter-Account – noch relativ neu, erst im Wahlkampf gestartet und bisher mit einer eher überschaubaren Zahl von rund 150 Followern – erfreute sich plötzlich größter Beliebtheit. 500 Follower. Kurz danach 1.000, dann 2.000, 3.000, schließlich 5.000 Follower. Meiner anfänglichen Freude über das zunehmende Interesse an meiner Meinung zum politischen Geschehen wich schnell einer gehörigen Portion Skepsis, denn mir war klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Es musste sich um Fake-Follower handeln. Während ich noch darüber nachdachte, welchen Sinn es haben, welches Interesse jemand damit verfolgen könnte, meinen twitter-Account mit lauter Fakes zu überfluten, wurde mir klar: Du musst hier gegensteuern, um nicht in Verdacht zu geraten, mit gekauften Followern Eindruck und Reichweite vortäuschen zu wollen. Ich wäre schließlich nicht der Erste gewesen, der das versucht – und auch, wenn die Art und Weise recht plump gewirkt hätte, wäre es nicht überraschend gewesen, wenn dieser Eindruck 
entstanden wäre.

Quelle: Pluragraph.de
Entwicklung der Twitterfollower Dr. Lukas Köhler (Pluragraph.de)
In der Folge habe ich mich an Twitter-Experten und an Twitter selbst gewandt, um zu erfahren, was ich gegen diese Flut offensichtlicher Fake-Follower tun könne. Die Antwort war ernüchternd: Prinzipiell erstmal nichts, außer den Account auf nicht-öffentlich stellen und die falschen Profile manuell oder mit Hilfe kommerzieller Programme rauszufiltern. Obwohl mir diese Lösung widerstrebte, da ich Twitter schließlich ganz bewusst für die Öffentlichkeit nutze, blieb mir nichts anderes übrig. 

Nach einiger Zeit habe ich immer wieder probiert, das Profil öffentlich zu stellen – und jedes Mal stieg die Zahl der Follower in Windeseile wieder an. Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Derzeit habe ich mit Hilfe des Programms Statuspeople rund 30.000 Profile identifiziert und geblockt. Für Statuspeople habe ich mich nach intensiver Recherche im Netz und letztlich meinem Bauchgefühl folgend entschieden. Und auch, wenn das Problem nicht vollständig gelöst wurde, bin ich letztendlich froh, diesen Weg gegangen zu sein. Enttäuscht bin ich von Twitter selbst. Nicht, weil offensichtliche Fake-Accounts erst gesperrt werden, nachdem sie gemeldet wurden. Das finde ich gut und richtig. Aber dass eine Kontaktaufnahme offensichtlich nicht möglich ist und sich niemand auf meine Anfragen gemeldet hat, verstehe ich nicht unter gutem Userservice.

In letzter Zeit war dann aber auch endlich Ruhe, die Zahl meiner Follower pendelte sich bei ca. 4.000 ein, von denen ich immer noch eine beträchtliche Zahl als Fakes eingeschätzt habe. Aber immerhin stieg die Zahl nur noch in dem Maße, wie ich es mir auf Grund meiner Aktivität habe. Mein Profil war dabei wieder öffentlich, da ich mich nicht dauerhaft geschlagen geben wollte. Sollte die Zahl der Fake-Follower allerdings wieder steigen, werde ich mich gezwungen sehen, wieder einzuschreiten. Zuletzt allerdings geschah ohnehin etwas Anderes: Offenbar ist Twitter, nach wie vor ohne Kommunikation mit mir, selbst aktiv geworden und hat eine Reihe von Fakes entfernt. Mit meinem aktuellen Stand von 1.342 Followern fühle ich mich wieder wohl, denn diese Zahl halte ich tatsächlich für sehr realistisch.

Gerne würde ich den Beitrag mit einem Rat beenden, wie man sich vor diesem Problem schützen kann. Leider muss ich sagen, dass ich diesen Rat für die Zukunft selbst gerne bekommen würde, falls sich die Situation wiederholt. Ich würde allerdings jederzeit wieder offensiv mit dem Thema umgehen, statt mich nicht mit meiner großen Zahl an Followern zu brüsten. Denn ich weiß dann, dass sie nicht echt sind, sondern dass mir irgendjemand einen üblen Streich spielt, von dem ich nicht mal weiß, welchen Nutzen er sich davon verspricht. 


Eins ist jedoch auch klar: Ich lasse mich weder von Twitter vertreiben, noch werde ich mich der Masse an Fakes jemals kampflos geschlagen. Ich hoffe jedoch, ab sofort wieder ein Profil mit Followern zu haben, die zum Teil inhaltlich mit mir übereinstimmen, zum anderen Teil aber auch in den fairen Wettstreit der Meinungen mit mir treten. Denn die sachliche Debatte ist es doch, die Politik ausmacht und aus der ich selbst auch immer wieder lernen kann. 



Autor 

Dr. Lukas Köhler
Dr. Lukas Köhler ist klimapolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Obmann der FDP-Fraktion im Umwelt- und Menschrechtsausschuss und ist Mitglied im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltigkeit. Zuvor war Geschäftsführer des von ihm mitgegründeten Zentrums für Umweltethik und Umweltbildung an der Hochschule für Philosophie in München.

Twitter: @koehler_fdp




 

3 Kommentare:

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