Podcast Tacheles! der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag |
Warum 3x das Ganze, fragte mich auch unser Geschäftsführer. Ganz einfach: Einer unserer Abgeordneten redet mit einem externen Experten – gern auch kontrovers – und irgendwer Drittes muss dann ja moderieren und durch das Gespräch führen. Dieses Setting schien uns der beste Garant für eine kleine politische Debatte.
Und es hat sich bewahrheitet! Wir machten unseren ersten Podcast einen Tag nach dem Paket auspacken noch zur Bauerndemo vor dem Landtag. Mit Paul Kompe von „Land schafft Verbindung – Sachsen“ und unserem Fraktionsvize Georg-Ludwig von Breitenbuch, der selbst ein Landwirt ist. Wir merkten sofort, wie gut es in der Kommunikation auch mal tut, etwas länger über ein Thema zu sprechen. 30 bis 45 Minuten dauern unsere Podcasts.
Wenig später veränderte der Corona-Virus auch im Sächsischen Landtag alles. Und wir fingen am 11. März mit dem ersten Podcast zu dem Thema an. Seitdem wurden zehn Corona-Podcasts erstellt. Lange Zeit waren wir die Einzigen in Sachsen, die dieses Thema mit diesem Medium bespielten. Erst später produzierte auch die Sächsische Zeitung ein vergleichbares Corona-Format als Podcast. Wir sprachen mit Restaurantbetreibern, Maskennähern, Rot-Kreuz-Helfern, Virologen, Lehrern, Ärzten, Eltern und Schülersprechern.
3 Mikrofone, 3 Diskutanten inkl. einem Ministerpräsidenten (links im Bild) |
Durch die Gäste kommen wir aus unserer Polit-Blase heraus. Sowohl inhaltlich, als auch bei der Reichweite. Wir sitzen eben nicht unter uns zusammen und klopfen uns virtuell auf die Schulter und sagen uns, wie toll wir sind. Durch den Gast (und ggf. auch noch weitere Telefon-Interviewpartner, die wir vorher aufnehmen), eröffnen wir eine praxisnahe Debatte mit anderen Sichtweisen, als unserer eigenen. Die Kontroverse ist sogar erwünscht, denn sie macht den Podcast erst interessant.
Natürlich wollen wir Reichweite!
Auch deshalb die Gäste. Zum Beispiel
hatten wir Sarah Küttner im Programm, die als Mikro-Influencerin
„Ossilinchen“ in Sachsen unterwegs ist. Die Intensiv-Schwester
aus der Dresdner Uniklinik hatte am Anfang der Krise eine
Nähanleitung für Behelfsmasken auf Instagram veröffentlicht. In
Folge entstand die Facebook-Gruppe „Masken für Sachsen“.
Bis heute haben in den vergangenen acht Wochen 109.360 Menschen unseren Podcast gehört und 2006 Nutzer haben ihn abonniert. Besonders gut lief die Folge mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, die an dem Plenartag vor Ostern produziert wurde, wo der Landtag eine 6 Milliarden Euro hohen Kreditermächtigung für Corona-Hilfen und Folgemaßnahmen freigab. Die positiven Hörerzahlen haben sicher auch etwas damit zu tun, dass über die Episode auf SuperIllu.de berichtet wurde und sie dort auf der Startseite verlinkt war.
Bis heute haben in den vergangenen acht Wochen 109.360 Menschen unseren Podcast gehört und 2006 Nutzer haben ihn abonniert. Besonders gut lief die Folge mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, die an dem Plenartag vor Ostern produziert wurde, wo der Landtag eine 6 Milliarden Euro hohen Kreditermächtigung für Corona-Hilfen und Folgemaßnahmen freigab. Die positiven Hörerzahlen haben sicher auch etwas damit zu tun, dass über die Episode auf SuperIllu.de berichtet wurde und sie dort auf der Startseite verlinkt war.
Facebookposting zum Podcast |
Warum nicht Tik Tok?
Natürlich fragten wir uns zuvor, ob
ein Podcast das richtige Medium für uns ist. Es gab auch die
Überlegung, vielleicht auf Tik Tok zu gehen. Ich hatte mich vor ein
paar Jahren dort schon umgeschaut. Damals hieß das Ganze noch
musical.ly und bis heute ist Politik auf dieser Plattform deutlich
unterpräsentiert. Tim Hendrik Walter aus Unna beweist als
„herranwalt“ das selbst staubtrockenes Jura auf diesem Portal
enorme Reichweiten entwickeln kann – er hat 1,6 Millionen Follower.
Warum sollte man das nicht auch mit Politik können?
Einfache Antwort: Weil wir niemals so
authentisch sein können, wie „herranwalt“ in seinen „60
Sekunden Jura“. Uns fehlte einfach die Fantasie, hier eine
sinnvolle Strategie zu entwickeln. Tik Tok könnte uns eine neue und
wesentlich jüngere Zielgruppe erschließen. Aber in der Corona-Krise
waren wir halt konservativ – und wollten der bestehenden Zielgruppe
mit einem Podcast ein neues Angebot eröffnen. Das Erschließen einer
neuen Zielgruppe mit einem neuen Format hätte mehr Aufwand bedeutet.
Wir schließen das nicht aus – es wird auch nach Corona wieder Zeiten geben, wo man in der politischen Kommunikation sich neu ausprobieren kann. Wir haben erst einmal auf Podcast gesetzt, um längere Sendungen plattformunabhängig zu produzieren. Mit Instagram und Facebook bedienen wir zwei mediale Fastfood-Formate. Tik Tok wäre nur der Vanille-Milchshake obendrauf gewesen.
Tik Tok-Account herranwalt |
Wir schließen das nicht aus – es wird auch nach Corona wieder Zeiten geben, wo man in der politischen Kommunikation sich neu ausprobieren kann. Wir haben erst einmal auf Podcast gesetzt, um längere Sendungen plattformunabhängig zu produzieren. Mit Instagram und Facebook bedienen wir zwei mediale Fastfood-Formate. Tik Tok wäre nur der Vanille-Milchshake obendrauf gewesen.
Ressourcen effektiv einsetzen
Ein entscheidender Punkt für die Podcast-Entscheidung war auch der geringe Zeit- und Materialaufwand. Besonders im Vergleich zu normalen Videoformaten. Die Postproduktion ist für ein 30-Minuten-Podcast weitaus einfacher, als für ein gutes 45-Sekunden-Statement im Video. Es muss nichts geschnitten werden. Die Uncut-Version erhöht nebenbei auch die Authentizität, was eine gute Ausrede für Faulheit im Produktionsprozess ist.
Untertitel fallen komplett weg. Die pflegen wir bei Videos händisch ein, da wir für mobile Endgeräte produzieren und sie deutlich größer somit lesbarer haben wollen, als die Templates von Youtube und Facebook in der automatisierten Variante. Beim Hosting ist etwas Arbeit in ein ordentliches Cover und den Begleittext zu legen, was wir dann auch für die Verteilung u.a. via Facebook nutzen.
Wir betreten als Fraktion hier übrigens das bilderbuchmäßige #Neuland, wie es unsere Kanzlerin Angela Merkel mal nannte. Neben der CSU im Bayerischen Landtag ist uns keine Fraktion mit einem eigenen Podcast bekannt. Wahrscheinlich denken sie wie wir vor einem Jahr: Podcast sind doch out. Waren sie auch bis vor kurzem. Die Bitkom-Studie von 2019 hat uns eines Besseren belehrt. Demnach hören 22% hin und wieder Podcasts. Tendenz steigend.
Wirkung entfalten und Follower binden
Wir haben Hörer, die sich nach jeder Folge melden. Sie geben Anregungen und Kritik, zum Beispiel welche Fragen ihnen fehlten. Wir stehen auch im Austausch mit anderen Podcastern in Dresden. Der Kollege der Sächsischen Zeitung empfahl uns eine „Station Voice“. Also eine Stimme, die den Trailer spricht – haben wir dann in der nächsten Folge gleich eingeführt. Kosten: 100 Euro und eine Stunde Arbeit.
Einblick in die Produktion des Podcasts Tacheles! |
Übrigens: Erinnert ihr euch noch an die MicroSD-Speicherkarte, die ihr nicht vergessen solltet? Auf ihr speichert der Rodecaster die Aufnahmen. Ohne sie wird es halt peinlich. Oder zumindest hektisch – weil ihr eine sucht und die Gäste schon da sind. Außerdem zeigt es, dass wir auch nach 1009 Wörtern uns noch an etwas Substanzielles erinnern können. Digitale Kommunikation muss nicht nur auf die schnellen Effekte setzen. Man kann mit dem richtigen Medium auch Geschichten erzählen, die spannend bis zum Ende bleiben.
Autor
Christan Fischer |
Kontakt: Facebook und LinkedIn.
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