Mittwoch, 27. Mai 2020

Podcast first - Wie wir als CDU-Fraktion mit Audio-Inhalten Tausende Hörer erreichen

Dies ist ein Gastbeitrag von Christian Fischer, er ist Pressesprecher der CDU-Fraktion des Sächischen Landtages und startete im März 2020 als einer der ersten Landtagsfraktionen in Deutschland einen eigenen Podcast. Erste Erkentnisse und Einblicke in eine podcastende Fraktion. 

Podcast Tacheles! der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag
Wir haben wirklich Glück gehabt. Eine Woche, bevor Corona alles bestimmende Thema wurde, kam das Paket mit unserer Podcast-Ausrüstung an. Insgesamt hat alles rund 1300 Euro gekostet – ein Rodecaster Pro mit drei Podmics von Rode. Dazu drei Stative, drei Kopfhörer und drei Kabel. Und eine MicroSD-Speicherkarte. Vergesst niemals die MicroSD-Speicherkarte! 

Warum 3x das Ganze, fragte mich auch unser Geschäftsführer. Ganz einfach: Einer unserer Abgeordneten redet mit einem externen Experten – gern auch kontrovers – und irgendwer Drittes muss dann ja moderieren und durch das Gespräch führen. Dieses Setting schien uns der beste Garant für eine kleine politische Debatte. 

Und es hat sich bewahrheitet! Wir machten unseren ersten Podcast einen Tag nach dem Paket auspacken noch zur Bauerndemo vor dem Landtag. Mit Paul Kompe von „Land schafft Verbindung – Sachsen“ und unserem Fraktionsvize Georg-Ludwig von Breitenbuch, der selbst ein Landwirt ist. Wir merkten sofort, wie gut es in der Kommunikation auch mal tut, etwas länger über ein Thema zu sprechen. 30 bis 45 Minuten dauern unsere Podcasts.

Wenig später veränderte der Corona-Virus auch im Sächsischen Landtag alles. Und wir fingen am 11. März mit dem ersten Podcast zu dem Thema an. Seitdem wurden zehn Corona-Podcasts erstellt. Lange Zeit waren wir die Einzigen in Sachsen, die dieses Thema mit diesem Medium bespielten. Erst später produzierte auch die Sächsische Zeitung ein vergleichbares Corona-Format als Podcast. Wir sprachen mit Restaurantbetreibern, Maskennähern, Rot-Kreuz-Helfern, Virologen, Lehrern, Ärzten, Eltern und Schülersprechern.

Michael Kretschmer (CDU)
3 Mikrofone, 3 Diskutanten inkl. einem Ministerpräsidenten (links im Bild)

Durch die Gäste kommen wir aus unserer Polit-Blase heraus. Sowohl inhaltlich, als auch bei der Reichweite. Wir sitzen eben nicht unter uns zusammen und klopfen uns virtuell auf die Schulter und sagen uns, wie toll wir sind. Durch den Gast (und ggf. auch noch weitere Telefon-Interviewpartner, die wir vorher aufnehmen), eröffnen wir eine praxisnahe Debatte mit anderen Sichtweisen, als unserer eigenen. Die Kontroverse ist sogar erwünscht, denn sie macht den Podcast erst interessant.

Natürlich wollen wir Reichweite!


Auch deshalb die Gäste. Zum Beispiel hatten wir Sarah Küttner im Programm, die als Mikro-Influencerin „Ossilinchen“ in Sachsen unterwegs ist. Die Intensiv-Schwester aus der Dresdner Uniklinik hatte am Anfang der Krise eine Nähanleitung für Behelfsmasken auf Instagram veröffentlicht. In Folge entstand die Facebook-Gruppe „Masken für Sachsen“.

Bis heute haben in den vergangenen acht Wochen 109.360 Menschen unseren Podcast gehört und 2006 Nutzer haben ihn abonniert. Besonders gut lief die Folge mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, die an dem Plenartag vor Ostern produziert wurde, wo der Landtag eine 6 Milliarden Euro hohen Kreditermächtigung für Corona-Hilfen und Folgemaßnahmen freigab. Die positiven Hörerzahlen haben sicher auch etwas damit zu tun, dass über die Episode auf SuperIllu.de berichtet wurde und sie dort auf der Startseite verlinkt war.

Facebookposting zum Podcast
Für uns steht fest: Podcasts passen definitiv in unsere Kommunikationsstrategie. Während Sharepics auf Facebook und Instagram für den schnellen Medienkonsum gedacht sind und Story-Fotos einfach nur optisch auffallen müssen, haben wir beim Podcast die Chance, länger ein Thema zu betrachten. Der Erfolg liegt am Ende in der Distribution! Wir spielen den Podcast über unseren Hoster Podcaster.de aus – dort können wir ihn auf Spotify, Apple Podcasts, Deezer und anderen Diensten launchen. Und das für 10 Euro im Monat. Natürlich promoten wir ihn beim Erscheinen auf Facebook – mit Fotos von der Aufzeichnung, einen kleinen Teasertext und allen notwendigen Links.







Warum nicht Tik Tok?


Natürlich fragten wir uns zuvor, ob ein Podcast das richtige Medium für uns ist. Es gab auch die Überlegung, vielleicht auf Tik Tok zu gehen. Ich hatte mich vor ein paar Jahren dort schon umgeschaut. Damals hieß das Ganze noch musical.ly und bis heute ist Politik auf dieser Plattform deutlich unterpräsentiert. Tim Hendrik Walter aus Unna beweist als „herranwalt“ das selbst staubtrockenes Jura auf diesem Portal enorme Reichweiten entwickeln kann – er hat 1,6 Millionen Follower. Warum sollte man das nicht auch mit Politik können? 

Kurze Videos in einer Übersicht
Tik Tok-Account herranwalt
Einfache Antwort: Weil wir niemals so authentisch sein können, wie „herranwalt“ in seinen „60 Sekunden Jura“. Uns fehlte einfach die Fantasie, hier eine sinnvolle Strategie zu entwickeln. Tik Tok könnte uns eine neue und wesentlich jüngere Zielgruppe erschließen. Aber in der Corona-Krise waren wir halt konservativ – und wollten der bestehenden Zielgruppe mit einem Podcast ein neues Angebot eröffnen. Das Erschließen einer neuen Zielgruppe mit einem neuen Format hätte mehr Aufwand bedeutet.

Wir schließen das nicht aus – es wird auch nach Corona wieder Zeiten geben, wo man in der politischen Kommunikation sich neu ausprobieren kann. Wir haben erst einmal auf Podcast gesetzt, um längere Sendungen plattformunabhängig zu produzieren. Mit Instagram und Facebook bedienen wir zwei mediale Fastfood-Formate. Tik Tok wäre nur der Vanille-Milchshake obendrauf gewesen. 

Ressourcen effektiv einsetzen


Ein entscheidender Punkt für die Podcast-Entscheidung war auch der geringe Zeit- und Materialaufwand. Besonders im Vergleich zu normalen Videoformaten. Die Postproduktion ist für ein 30-Minuten-Podcast weitaus einfacher, als für ein gutes 45-Sekunden-Statement im Video. Es muss nichts geschnitten werden. Die Uncut-Version erhöht nebenbei auch die Authentizität, was eine gute Ausrede für Faulheit im Produktionsprozess ist. 

Untertitel fallen komplett weg. Die pflegen wir bei Videos händisch ein, da wir für mobile Endgeräte produzieren und sie deutlich größer somit lesbarer haben wollen, als die Templates von Youtube und Facebook in der automatisierten Variante. Beim Hosting ist etwas Arbeit in ein ordentliches Cover und den Begleittext zu legen, was wir dann auch für die Verteilung u.a. via Facebook nutzen. 

Wir betreten als Fraktion hier übrigens das bilderbuchmäßige #Neuland, wie es unsere Kanzlerin Angela Merkel mal nannte. Neben der CSU im Bayerischen Landtag ist uns keine Fraktion mit einem eigenen Podcast bekannt. Wahrscheinlich denken sie wie wir vor einem Jahr: Podcast sind doch out. Waren sie auch bis vor kurzem. Die Bitkom-Studie von 2019 hat uns eines Besseren belehrt. Demnach hören 22% hin und wieder Podcasts. Tendenz steigend. 


Wirkung entfalten und Follower binden


Wir haben Hörer, die sich nach jeder Folge melden. Sie geben Anregungen und Kritik, zum Beispiel welche Fragen ihnen fehlten. Wir stehen auch im Austausch mit anderen Podcastern in Dresden. Der Kollege der Sächsischen Zeitung empfahl uns eine „Station Voice“. Also eine Stimme, die den Trailer spricht – haben wir dann in der nächsten Folge gleich eingeführt. Kosten: 100 Euro und eine Stunde Arbeit. 

Einblick in die Produktion des Podcasts Tacheles!
Das Teilen über soziale Medien ist eine entscheidende Komponente für den Erfolg. Natürlich vertaggen wir in den Promo-Postings alle Beteiligten. Beim Sport-Podcast haben wir zum Beispiel den Landessportbund und seine Gliederungen verlinkt, die den Podcast dann auch fleißig geteilt haben. So versuchen wir mit jedem Thema über die eigene Blase zu zielen. Wir hatten übrigens unseren Abgeordneten auch empfohlen, beim Teilen ihre ortsansässigen Vereine zu markieren. 

Übrigens: Erinnert ihr euch noch an die MicroSD-Speicherkarte, die ihr nicht vergessen solltet? Auf ihr speichert der Rodecaster die Aufnahmen. Ohne sie wird es halt peinlich. Oder zumindest hektisch – weil ihr eine sucht und die Gäste schon da sind. Außerdem zeigt es, dass wir auch nach 1009 Wörtern uns noch an etwas Substanzielles erinnern können. Digitale Kommunikation muss nicht nur auf die schnellen Effekte setzen. Man kann mit dem richtigen Medium auch Geschichten erzählen, die spannend bis zum Ende bleiben. 


Autor

Pressesprecher der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages
Christan Fischer
Christian Fischer ist seit vier Jahren Pressesprecher der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages. Zuvor war der studierte Staats- und Sozialwissenschaftler zehn Jahre für BILD in Ostdeutschland tätig, unter anderem als Chefreporter für Politik. Dort baute er die Facebook-Seiten der sächsischen Ausgaben maßgeblich mit auf. 

Kontakt: Facebook und LinkedIn.  



 



7 Kommentare:

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